Direktionsrecht des Arbeitgebers

Der Chef macht die Ansagen!

oder auch nicht – das Direktionsrecht des Arbeitgebers und seine Grenzen….

Charakteristisch für jedes Arbeitsverhältnis ist die Weisungsabhängigkeit des Arbeitnehmers. Gerade hierdurch grenzt sich das Arbeitsverhältnis von anderen Dienstverhältnissen ab, gerade hierdurch erscheint das Arbeitsverhältnis und der Arbeitnehmer besonders schutzbedürftig: Wer es selbst in der Hand hat, seine Tätigkeiten zu gestalten, es zu entscheiden, ob, wann und wo er tätig wird, ist im Regelfall kein Arbeitnehmer.

Der Umfang und die Ausgestaltung der vom Arbeitnehmer übernommenen Arbeitsverpflichtung ergibt sich im tarifungebundenen Bereich in erster Linie aus dem geschlossenen Arbeitsvertrag. Dieser bestimmt neben den geschuldeten Arbeitsstunden normalerweise zumindest rahmenmäßig, mit der Angabe z.B. des Ausbildungsberufes bzw. der Berufsbezeichnung, die geschuldete Tätigkeit und enthält Angaben zum Arbeitsort. Daneben sind immer auch gesetzlich geltende Bestimmungen und/oder Beschränkungen, wie z.B. die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes, des Jugendschutzes oder der Unfallverhütungsbestimmungen, mitzudenken. Auch sie bilden den Rahmen für die Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers und gestalten diese aus.

Kein Arbeitsvertrag vermag den Arbeitsalltag und jede Arbeitssituation jedoch im Detail abzubilden.  Gem. § 106 GewO kann der Arbeitgeber daher – da wo detaillierte vertraglich Regelungen und gesetzliche Vorgaben ihn nicht binden – Inhalt, Ort und Zeit der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung näher bestimmen (sog. Direktionsrecht). So kann er, wenn sich der Arbeitsvertrag hierzu nicht bereits äußert (!), z.B. Vorgaben zum Arbeitsbeginn und Arbeitsende machen, den Dienst- und Einsatzort vorgeben, Pausenzeiten ausweisen, die Reihenfolge geschuldeter Arbeiten sowie deren konkrete Ausführung anweisen und auch Einfluss auf die beim Dienst zu tragende Kleidung nehmen. Die Anweisung des Arbeitgebers darf allerdings nicht willkürlich erfolgen. Bei der Ausübung des Direktionsrechtes sind auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen und berechtigten betrieblichen Interessen gegenüberzustellen; das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang etwas verwegen davon, dass die Anweisung billigen Ermessens entsprechen muss. So hat die Rechtsprechung z.B. das Verbot an einen Mitarbeiter ohne Kundenkontakt, im Sommer mit kurzer Hose im Betrieb zu erscheinen, für unbillig gehalten; auch die Versetzung von Mitarbeitern an andere, entferntere Standorte des Unternehmens kann mit Blick auf die familiäre Situation des Mitarbeiters unbillig erscheinen.

Anweisungen des Arbeitgebers als Ausfluss des Direktionsrechtes ist grundsätzlich Folge zu leisten. Verweigert der Arbeitnehmer die Ausführung droht die Abmahnung und im Wiederholungsfall bzw. im Extremfall die Kündigung.

Ausnahmen bilden lediglich gesetzwidrige Anweisungen, z.B. die Anweisung verkehrsunsichere Fahrzeuge zu benutzen oder trotz nicht vorhandener Fahrerlaubnis Fahrzeuge im Straßenverkehr zu benutzen. Auch die Aufforderung zur Überschreitung von Lenkzeiten gehört hierher. Solche Weisungen sind rechtswidrig und damit nichtig. Sie sind für den Arbeitnehmer nicht bindend. Weigert sich der Arbeitnehmer solchen Anweisungen zu folgen, so dürfen hieraus keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen werden.

Kritisch sind die Fälle, in denen die Weisung des Arbeitgebers nicht rechtswidrig sind, sich jedoch als unbillige Anweisung darstellen, weil sie die Interessen des Arbeitnehmers nicht hinreichend berücksichtigen, oder in Widerspruch zu arbeitsvertraglichen Vereinbarungen stehen. Diesen Weisungen ist nach bisheriger Rechtsprechung Folge zu leisten bis ein Gericht die Feststellung der Unverbindlichkeit für den Arbeitnehmer trifft. Arbeitnehmer dürfen sich mithin nicht eigenmächtig über die Weisung des Arbeitgebers hinwegsetzen. Tun sie dies doch, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Eine aktuelle Pressmeldung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG – 14.06.2017) deutet jedoch an, dass diese Auffassung nochmals genauer in den Blick genommen wird. Möglicherweise gibt es in nächster Zukunft einen Richtungswechsel. Wir werden die Entwicklung beobachten und weiter berichten.

Sollten Sie Bedenken nach erteilten Weisungen Ihres Arbeitgebers haben, handeln Sie nicht vorschnell. Lassen Sie das Risiko, sich Weisungen des Arbeitgebers zu widersetzen, lieber einmal überprüfen.

Dr. Elke Benzenberg – Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht, Bocholt