Ausschlussklauseln und Mindestlohn

Freud und Leid! Ausschlussklauseln sind sowohl von Arbeitnehmern, als auch von Arbeitgebern ernst zu nehmen. Im Zuge des Mindestlohngesetzes hat die Rechtsprechung nun neue Anforderungen an die Formulierung von Ausschlussklauseln herausgearbeitet. Im Einzelnen:

Ausschlussklauseln finden sich heute eigentlich in jedem Arbeitsvertrag – meist am Ende zu Beginn der Schlussbestimmungen. Trotz des Platzes in der „zweiten Reihe“ der Vertragsbedingungen sind die Wirkungen der Ausschlussklauseln nicht zu unterschätzen. Die Klauseln führen zu einem vorzeitigen, schnellen Verfall von eigentlichen begründeten Ansprüchen im Arbeitsverhältnis. Die Untergrenze für zulässige Verfallsfrist beträgt dabei 3 Monate – nicht lang, insbesondere wenn man bedenkt, dass man ohne Verfallsklausel regelmäßig 3 Jahre Zeit hat, nicht befriedigte Ansprüche auch gerichtlich vor Eintritt der Verjährung geltend zu machen. Beachtet man die Ausschlussklauseln nicht, sind die Ansprüche unwiederbringbar verloren. Es lohnt sich also vor der Unterschrift eines Arbeitsvertrages nach möglichen Fallstricken und Ausschlussklauseln Ausschau zu halten, um nicht böse überrascht zu werden.

Wegen der erheblichen Folgen müssen Ausschlussklauseln jedoch besonderen formalen Anforderungen genügen. Die Klauseln dürfen sich z.B. nicht an versteckter Stelle unter unscheinbarer Überschrift (z.B. „Sonstiges“) finden, müssen Mindestfristen einhalten (grundsätzlich 3 Monate) und müssen Ansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen und grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers ausdrücklich vom Verfall ausnehmen.

Nun hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 24.08.2016, 5 AZR 703/15) zudem klargestellt, dass auch Lohnansprüche nach dem Mindestlohngesetz, die in jedem (!!!) Lohnanspruch stecken, ausdrücklich von Ausschlussklauseln ausgeklammert werden müssen. Dies gilt zumindest für Verträge, die nach Einführung des Mindestlohngesetzes abgeschlossen wurden. Werden die Mindestlohnansprüche nicht ausdrücklich ausgenommen, ist die Ausschlussklausel insgesamt (!) unwirksam. Die Klausel entfaltet dann keinerlei Wirkung, so dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis noch bis zum Verjährungseintritt geltend gemacht werden können.

Arbeitgeber, die noch alte, lieb gewonnene Vertragsmuster verwenden, müssen daher nun aktiv werden. Arbeitnehmer können mit Ausschlussklauseln konfrontiert im Gegenzug entspannt durchatmen.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Arbeitszeugnis

Wir haben schon vor einigen Monaten den Aufbau, den Inhalt und die eigentümlichen Notenstufen des Arbeitszeugnisses diskutiert. Es haben sich – auch der deutschen Sprache zum Trotz – folgende Formulierungen für die dem Schulnotensystem entsprechenden Noten eingebürgert:

„stets zu unserer vollsten Zufriedenheit” = sehr gut;
“zu unserer vollsten Zufriedenheit”/ “stets zu unserer vollen Zufriedenheit” = gut;
“stets zu unserer Zufriedenheit”/”zu unserer vollen Zufriedenheit” = befriedigend;
“zu unserer Zufriedenheit” = ausreichend;
“im großen und ganzen zu unserer Zufriedenheit” = mangelhaft.

Die Rechtsprechung unterstellt, dass jeder Arbeitnehmer grundsätzlich dem Durchschnitt entsprechende Leistungen erbringt, was einer Note im Bereich des „befriedigend“ entspricht. Der Arbeitgeber greift also zunächst nicht fehl, wenn er dem Arbeitnehmer attestiert die ihm übertragenen Aufgaben zu seiner vollen Zufriedenheit erledigt zu haben. Wollen die Parteien von diesem sicherem Pfad nach oben (gut oder besser) oder nach unten abweichen (ausreichend und schlechter) abweichen, wird es kribbelig und dies vor allem zu Lasten des Arbeitnehmers. Dem Arbeitgeber reicht im Zweifel das „Befriedigend“. Meint der Arbeitnehmer allerdings, er hätte nicht nur durchschnittliche Leistungen und Fähigkeiten gezeigt, sondern wesentlich besser abgeschnitten, so hat er im Einzelnen darzulegen und im Streitfall zu beweisen, welche Umstände eine bessere Benotung rechtfertigen. Aber wie belegt man außerhalb von Klausuren mit Musterlösungen, dass man besser als der Durchschnitt war, den Betrieb mit umfassenden Fachwissen bereicherte und besonders engagierten und kompetenten Einsatz außerhalb eingetretener Pfade zeigte? nur selten wird man entsprechend gute Zwischenzeugnisse oder Zwischenbewertungen vorlegen können oder auf Kollegen als Zeugen zurückgreifen können, die den eigenen Vortrag zu Leistungsfähigkeit, Lösungs- und Sozialkompetenzen bestätigen können! es hilft dennoch nichts – das Bundesarbeitsgericht (BAG 9 AZR 584/13) hat erst im letzten Monat nochmals bestätigt, dass Ausgangspunkt im Zeugnisrecht das Befriedigend bleibt! das man in verschiedenen Branchen regelmäßig auf gute oder sehr gute Zeugnisse trifft, hilft nach Ansicht des BAG nicht weiter und führt zu keiner Abkehr von den vorstehenden Grundsätzen. Ebensowenig bringt der Hinweis weiter, dass Zeugnisse wohlwollend zu erteilen sind. Auch dies unterstreicht das BAG nochmals – Ein Zeugnis muss nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Streitigkeiten um das Zeugnis sind ärgerlich! beugen Sie vor! am Besten regelt man die Zeugnisfrage zusammen mit allen anderen Fragen rund um das Ende des Arbeitsverhältnisses. Suchen Sie das Gespräch! viele Arbeitgeber sind bei der Zeugniserteilung unsicher oder scheuen die damit verbundene Arbeit, sind also durchaus dankbar, wenn man vorschlägt, einen Zeugnisentwurf vorzulegen, der dann übernommen wird.

Bei der Überprüfung und Erstellung von Zeugnissen sind wir gerne behilflich!!!

Dr. Elke Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Verkehrsrecht

Überstunden – Hä Chef, wo bleibt das Geld?

Überstunden und deren Vergütung … kein leichtes Pflaster, daher heute einige allgemeine Bemerkungen zum Problemkreis

Überstunden leistet der Arbeitnehmer, wenn er über die arbeitsvertraglich (oder tariflich) vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeitet. Eine Verpflichtung zur Ableistung von Überstunden besteht dabei grundsätzlich nur dann, wenn der Arbeitsvertrag oder der Tarifvertrag eine entsprechende Bereitschaft des Arbeitsnehmers oder eine entsprechend konkretisierte Weisungsbefugnis des Arbeitgebers festhält („der Arbeitnehmer erklärt sich bereit, im Bedarfsfall Überstunden zu leisten“ o.Ä.). Fehlt eine solche Klausel, schuldet der Arbeitnehmer keine Überarbeit.

Dass ein Arbeitnehmer Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang erbringt, begründet allerdings noch nicht automatisch einen zusätzlichen Entgeltanspruch. Ein Arbeitgeber muss sich „Überstunden“ nicht aufdrängen lassen. Zur Vergütung von Überstunden ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst oder diese gebilligt oder geduldet hat. Relevant sind Überstunden also nur, wenn sie mit „Wissen und Wollen“ des Arbeitgebers geleistet wurden.

Tarifverträge sehen für die Vergütung von Überstunden, insb. wenn diese in den Abend-/Nachtstunden oder an Wochenenden abgeleistet werden, die Zahlung eines Zuschlags zum Grundlohn für die Arbeitsstunde vor. Zwingend ist die Zahlung von Zuschlägen für die einzelne Überstunde allerdings nicht. Fehlen besondere Entgeltregelungen, so ist auch die Überstunde „nur“ mit dem Grundlohn zu vergüten.

Teilweise beinhalten Arbeitsverträge Klauseln, wonach anfallende Überstunden mit dem (für die regelmäßige Arbeitszeit) vereinbarten Arbeitsentgelt insgesamt als abgegolten gelten. Wird die Anzahl der danach vom Grundgehalt mitumfassten Überstunden nicht beziffert, sondern alle Überstunden pauschal abgegolten, ist die betreffende Vertragsklausel im Regelfall unwirksam. Die anfallenden Überstunden sind – ungeachtet der Abgeltungsklausel – vom Arbeitgeber zu vergüten.

Unter der Geltung des Mindestlohngesetzes sind Überstunden – jedenfalls mit dem gesetzlichen Mindestlohn – innerhalb einer kurzen Frist zu vergüten. Nur unter engen Voraussetzungen können Überstunden durch ein schriftlich zu vereinbarendes Zeitkonto weiter geschrieben werden.

Besteht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Streit über den Anfall und die Vergütung von Überstunden, obliegt es zunächst dem Arbeitnehmer den Anfall von Mehrarbeit sowie die Anordnung oder Duldung durch den Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen. Dabei reicht der pauschale Hinweis auf regelmäßige Mehrarbeit nicht aus. Gibt es feste Arbeitszeiten, ist anzugeben, wann (Tag und Stunde) und in welchem Umfang er mit welchen Arbeiten außerhalb dieser Arbeitszeit tätig geworden ist. Sind keine festen täglichen Arbeitszeiten festgelegt, ist genau nach Tag und Stunde einschließlich gemachter Pausen aufzuschlüsseln, welche Arbeiten im Einzelnen ausgeführt wurden. Fehlt eine ausdrückliche Überstundenanordnung des Arbeitgebers ist anzugeben, dass und warum die geleisteten Überstunden zur Erfüllung welcher Aufgaben erforderlich waren bzw. der Arbeitgeber die Mehrarbeit zur Kenntnis genommen hat. Es reicht also nicht aus, lediglich mitzuteilen, dass man erst eine Stunde nach Büroschluss Feierabend gemacht hat. Auch die Aufzeichnungen aus einem vorhandenen Zeiterfassungssystem reichen als solches nicht aus, um Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung zu begründen. Es empfiehlt sich daher, gerade für Arbeitnehmer ohne einen festen Tagesablauf (insb. Kraftfahrer) konkret festzuhalten, wie sich der Arbeitstag mit welchen Aufgaben und Pausen gestaltet! Nur dann kann den hohen Anforderungen der Rechtsprechung im Bereich der Überstunden Rechnung getragen werden.

Auch bei Überstundenvergütungen sind schließlich im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussklauseln zu berücksichtigen: auch Ansprüche auf Überstundenvergütung müssen kurzfristig geltend gemacht werden (hierfür sprechen wegen der beschriebenen besonderen Darlegungslast auch praktische Geschichtspunkte: nach langer Zeit wird man den Anfall von Überstunden kaum noch nachzeichnen können).

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht Bocholt