Corona Schutzmaßnahmen

Das Corona-Virus, Corvid19, legt das soziale Leben lahm. Auch wenn unsere Arbeit derzeit von den Regelungen verschiedener Allgemeinverfügungen des Landes nicht erfasst wird, wollen auch wir versuchen, den sozialen Kontakt – zu Ihrem Schutz und zum Schutz unserer Mitarbeiter – auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Gerichtstermine, soweit sie nicht ohnehin aufgehoben werden, nehmen wir selbstverständlich weiter für Sie wahr. Auch telefonisch und elektronisch stehen wir uneingeschränkt zur Verfügung – auch außerhalb der normalen Büroöffnungszeiten! Wenn Sie Unterlagen für uns haben, dann scannen Sie diese doch bitte ein oder fotografieren Sie uns diese und lassen Sie uns die Papiere dann per E-Mail zukommen. Sollten Sie über entsprechende technische Möglichkeiten nicht verfügen, dann freut sich unser Briefkasten über einen Einwurf. Den Briefkasten finden Sie in der Eingangstüre zu unserem Bürogebäude. Soweit möglich, wollen wir daneben Mandantengespräche ebenfalls virtuell als Videokonferenz führen oder aber über ausführliche Telefonate abwickeln. So können Sie sicher daheim bleiben und sich dort um wichtigere Sachen kümmern. Wie formulierte es ein wunderbarer Kollege: wenn wir alle an einem Strang ziehen und die Ruhe bewahren, dann werden wir diese Krise meistern. Je schneller, desto besser!!! Wir sehen uns bald wieder !!!

Befristung von Arbeitsverträgen – Rechtsprechungswechsel

Und doch mal wieder was Neues im Arbeitsrecht, genauer Neues zur Befristung von Arbeitsverhältnisses! Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Juni 2018 sollte Arbeitnehmer und Arbeitgeber mal wieder aufhorchen lassen. Bestehende befristete Verträge sollten nochmals kritisch hinterfragt werden bzw. – aus Arbeitgebersicht – der Abschluss neuer Verträge mit einer sorgfältigen Prüfung der Verwaltung einher gehen, denn das Bundesverfassungsgericht läutet einen Rechtsprechungswechsel ein.

Worum geht es? Die Befristung von Arbeitsverträgen ist nach gesetzlichen Vorgaben in zwei Fällen zulässig: Zum einen bei Vorliegen eines sachlichen Grundes (der als solches jedoch nicht im Vertrag angegeben werden muss) – besteht prognostisch lediglich für einen begrenzten Zeitraum Bedarf an Arbeitskraft, dann darf ein Arbeitsvertrag entsprechend diesem Bedarf zeitlich befristet abgeschlossen werden. Klassische Beispiele sind die Einstellung einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters als Elternzeitvertretung oder Saisonarbeiter in der Landwirtschaft. Zum anderen ist eine Befristung des Arbeitsverhältnisses auch ohne sachlichen Grund möglich, wenn eine im Regelfall geltende Höchstfrist von 2 Jahren nicht überschritten wird; bei Startups kann sogar bis zu 4 Jahren, bei älteren, vorher arbeitslosen Mitarbeitern sogar bis zu 5 Jahre befristet werden. Der Unternehmer kann das Arbeitsverhältnis in diesen Fällen risikolos bis zu 2 (4 oder 5 Jahren) Jahren „flexibel“ halten.

Die sog. sachgrundlose, reine Zeitbefristung soll nach dem Wortlaut des Gesetzes allerdings nur bei der Neubegründung von Arbeitsverhältnissen möglich sein. Vorhergehende Arbeitsverhältnisse zum Arbeitgeber schließen die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung aus; bestand bereits einmal ein Arbeitsverhältnis (befristet, unbefristet, Mini-Job oder Vollzeitbeschäftigung) zum Arbeitgeber kann nur bei Vorliegen eines Sachgrundes eine Befristung wirksam vereinbart werden. Im Gesetz heißt es „Eine [reine Zeit-} Befristung [….] ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.“

Nach bisherigen Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes sollte jedoch dennoch nicht jede Vorbeschäftigung zum neuen/alten Arbeitgeber die Befristungsmöglichkeit ausschließen. Dass Bundesarbeitsgericht zog eine zeitliche Grenze ein: danach schadeten Vorbeschäftigungen beim gleichen Arbeitgeber nicht, wenn die Vorbeschäftigung mehr als 3 Jahre zurücklag. Damit hatte der Arbeitgeber eine sichere Bezugsgröße. Mit dem Einziehen einer pauschalen 3 Jahresgrenze verstößt das Bundesarbeitsgericht allerdings nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes gegen seine Auslegungskompetenz. Für eine pauschale Grenzziehung findet sich keine gesetzliche Grundlage. Eine solche Grenzziehung werde nicht durch das in den Gesetzesmaterialien zu findende gesetzgeberische Konzept gedeckt.

Damit ist eine Befristung von Mitarbeitern, die schon mal im Unternehmen in gleicher oder ähnlicher Position tätig waren, nur noch mit Sachgrund möglich. Haben Arbeitgeber im Vertrauen auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes mit „Alt-Mitarbeitern“ neue befristete Verträge geschlossen, sind diese Verträge in dieser Form nicht zu halten. Es besteht dann tatsächlich kein befristetes, sondern ein unbefristetes Arbeitsverhältnis (, das eben nicht zum eigentlich vorgesehenen Ende ausläuft!). Dies kann der Arbeitnehmer mit der sog. Entfristungsklage geltend machen. Eine solche Klage ist allerdings nur bis zum Ablauf von 3 Wochen nach dem Auslaufen des formal als befristetes Arbeitsverhältnis zulässig. Arbeitnehmer, die in den 3 Jahren vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages bereits einmal im Unternehmen waren, sollten ihren Vertrag daher nun noch einmal prüfen lassen.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht – Bocholt

Behandlungsfehler

– 50.000,00 € Schmerzensgeld für den Verlust des Unterarmes

…auch blaue Flecken sollte man nicht unterschätzen!

Das hat Oberlandesgericht Hamm als Berufungsinstanz nun in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 13.06.2017, Az. 26 U 59/16) einem Arzt ins Pflichtenbuch geschrieben und ihm wegen eines Diagnose- und damit Behandlungsfehlers zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000,00 € verurteilt. Nach den Angaben in der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm hatte sich der Kläger und Berufungskläger unfallbedingt Prellungen des rechten Unterarmes und der rechten Hand zugezogen. Nach entsprechenden Feststellungen wurden die Prellungen in der Form behandelt, dass der betroffene Arm mit Hilfe einer Gipsschiene zunächst ruhig gestellt wurde. Im Rahmen der Nachbehandlung stellte sich Kläger eine Woche später bei den verklagten Hausärzten vor: bei der Vorstellungen zeigte sich eine deutliche Schwellung des Unterarmes, zudem klagte der Kläger wohl über Bewegungseinschränkungen und erhebliche Schmerzen. Durch die Ärzte wurde hierauf lediglich die Gipsschiene erneuert und Schmerzmittel verordnet. Die Beschwerden ließen offensichtlich nicht nach, ganz im Gegenteil verschlimmerte sich der Zustand des Klägers. Einige Tage später war der Arm insgesamt dick angeschwollen und stark druckempfindlich. Nach entsprechenden Überweisungen wurde durch die Ärzte in einem aufgesuchten Klinikum schließlich ein sog. Kompartmentsyndrom festgestellt. Hierbei steigt der Druck im Gewebe, z.B. nach einem Hämatom, so stark an, dass dieses nicht mehr richtig durchblutet wird. Die Folgen des zunächst nicht erkannten Kompartmentsyndrom für den Kläger waren erheblich: der Arm musste im Zuge der weiteren Behandlung amputiert werden.

Nach den Wertungen des Berufungsgerichtes hätten die Hausärzte nach den beklagten Beschwerden (Schwellung, Bewegungseinschränkung, Schmerzen) eine Woche nach dem Unfall das Vorliegen eines Kompartmentsyndrom in Erwägung ziehen und ggfls. durch Hinzuziehung von Fachärzten abklären müssen. Das Unterlassen einer entsprechenden Befundung stelle aufgrund der schwerwiegenden Erkrankung und den drohenden massiven Folgen einen schweren Behandlungsfehler dar. Dieser Behandlungsfehler bzw. dessen lebenslangen, schwerwiegenden Folgen rechtfertigen nach Ansicht der Richter in der zweiten Instanz die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000,00 €.

Auch Ärzte machen Fehler. Beschwerden können unterschiedliche Ursachen haben, nicht immer ist eine mögliche Diagnose die richtige Diagnose. Verbleiben Zweifel, bestehen Anzeichen auch für andere Erkrankungen mit ganz erheblichen Gefahren, muss der hinzugezogene Arzt diesen nachgehen und weitere Untersuchungen durchführen oder einleiten. Tut er dies nicht – wie im vorliegenden Fall – verletzt er Pflichten aus dem bestehenden Behandlungsvertrag und muss bei entsprechenden Gesundheitsschäden und Schäden Schmerzensgeld und Schadenersatz leisten.

Was der Arzt da mit einem anstellt oder nicht „anstellt“, wird man als Patient kaum richtig mitbekommen, insb. dann wenn man in Narkose auf einem OP-Tisch liegt. Jeder Patient hat jedoch Anspruch auf Einsicht in seine Behandlungsunterlagen. Nach entsprechender Anforderung können diese auch rechtlich geprüft und ausgewertet werden. Bei der fachlichen medizinischen Beurteilung, ob die Behandlung „lege artis“ ausgeführt wurde, helfen Krankenkassen und/oder das (für Patienten kostenfreie) Gutachterverfahren der Ärztekammer.

Wir beraten Sie bei dem Verdacht von Behandlungsfehlern.

Trennungsjahr – zu den Scheidungsvoraussetzungen

Wer Scheidung sagt, hat mehr oder weniger bewusst auch das Stichwort „Trennungsjahr“ im Kopf. Im Kern richtig, nennt das Gesetz das Trennungsjahr jedoch nicht als unmittelbare Scheidungsvoraussetzung.

  • Voraussetzung für die Scheidung – das Scheitern der Ehe

Maßgebender Anknüpfungspunkt für den Ausspruch der Scheidung ist vielmehr allein das Scheitern der Ehe, die unumkehrbare Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Was die eheliche Lebensgemeinschaft hierbei im Einzelnen ausmacht, bestimmen alleine die Ehepartner durch ihre gemeinsam gefasste Lebensplanung. Ein festes Ehe-Leitbild gibt es insoweit nicht, auch ein Zusammenleben der Ehepartner ist nicht zwingend vorgegeben. Bei allen, auch außergewöhnlichen Entwürfen für das Zusammenleben, liegt den Ehen jedoch eine wechselseitige innere Bindung der Ehegatten aneinander, ein Füreinander-Einstehen-Wollen zu Grunde. Legt man dies zugrunde, dann kommt die Scheidung der Ehe also immer dann in Betracht, wenn sich mindestens einer der Ehepartner unumkehrbar vom gemeinsamen Eheplan löst und sich vom Partner innerlich abwendet. 

  • Die Bedeutung des Trennungsjahres

Für Dritte wie Gerichte sind innere Vorgänge allerdings nur schwer feststellbar, deswegen stellt das Gesetz für die Feststellung des Scheiterns der Ehe auf die nach außen leichter feststellbare Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, das Getrenntleben der Ehegatten ab. Leben die Ehegatten ein Jahr getrennt und beantragen sie beide die Scheidung der Ehe oder stimmt der Ehegatte dem vom anderen Ehegatten gestellten Scheidungsantrag zu, dann vermutet das Gesetz unwiderlegbar das Scheitern der Ehe und damit das Vorliegen der Voraussetzungen zum Ausspruch der Scheidung. Das Trennungsjahr rückt damit tatsächlich in den Mittelpunkt des Scheidungsverfahrens.

  • Anforderungen an die Trennung = Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft

Das Trennungsjahr beginnt mit der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, also dem Auszug eines Ehegatten aus der Ehewohnung und der Begründung zweier getrennter Haushalte. Da es nicht schlicht um einen Umzug geht, muss der Auszug und die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft als Aufhebung auch gerade der ehelichen Lebensgemeinschaft gewollt sein. Die Ehegatten müssen mit der Trennung fortan selbständig wirtschaften. Werden trotz der getrennten Wohnungen Aufgaben wie das Waschen, Einkaufen oder Kochen, auch nur abwechselnd, gemeinsam erledigt, spricht das gegen das Vorliegen der erforderlichen Trennung. Kontakte außerhalb der Wohnung sowie Kontakte zur Betreuung der gemeinsamen Kinder sind dagegen unschädlich. Auch kurzzeitige Versöhnungsversuche (bis max. 3 Monate) hindern den Ablauf des Trennungsjahres nicht.

  •  Trennung innerhalb der Wohnung

Nicht immer bestehen die Möglichkeiten, eine zweite Wohnung anzumieten. Auch innerhalb der Ehewohnung ist jedoch ein Getrenntleben möglich. Auch bei einem Verbleib beider Ehegatten in der Ehewohnung muss die bisherige Haushaltsgemeinschaft aufgelöst und getrennte Haushalte geschaffen werden. Es muss eine weitestgehende Trennung herbeigeführt werden. Die privaten Bereiche der Eheleute insb. zum Schlafen und Wohnen müssen strikt getrennt werden. Nur einmal vorhandene Funktionsräume wie Küche, Diele, Bad, Toilette oder auch eine Waschmaschine dürfen zwar gemeinsam genutzt werden. Einkaufen aus einer gemeinsamen Kasse, das wechselseitige Kochen, das gemeinsame Einnehmen von Mahlzeiten, das Waschen der Wäsche für den anderen Ehegatten und vergleichbare Versorgungsleistungen müssen jedoch unterbleiben. Dass das bisherige Eheleben lediglich im Interesse der Kinder „zum Schein“ aufrechterhalten wird, steht der Annahme einer rechtlich relevanten Trennung entgegen.

  • Verzicht auf das Trennungsjahr – die Härtefallscheidung

Nur in absoluten Ausnahmesituationen kommt eine Scheidung auch ohne Einhaltung des Trennungsjahres in Betracht (sog. Härtefallscheidung). Es müssen dann schwerwiegende Gründe in der Person des anderen Ehegatten vorliegen, die es dem scheidungswilligen Ehegatten schlichtweg unzumutbar machen, an der Ehe als solches länger festgehalten zu werden. Das Verheiratet-Sein als solches muss unzumutbar sein. Die Voraussetzungen für eine Härtefallscheidung wurden bislang z.B. bejaht bei wiederholten schwerwiegenden körperlichen und seelischen Misshandlungen durch den Ehegatten, bei Verdacht schwerwiegender Straftaten durch den Ehegatten, bei Schwangerschaft der Ehefrau aus außerehelicher Beziehung und bei der Unterhaltung außerehelicher, geschlechtlicher Beziehung mit Familienangehörigen des scheidungswilligen Ehegatten. Ansonsten sind maßgebend allein die Umstände des Einzelfalls, die anhand eines objektiven Maßstabes bewertet werden. Es kommt also nicht auf das subjektive Empfinden des Betroffenen an, sondern darauf, ob ein Dritter bei Abwägung aller Umstände auf das Verhalten des anderen Ehegatten mit einem Scheidungsantrag reagieren würde. Zur Begründung einer Härtefallscheidung reichen allein die im Fall der Trennung typischerweise zu beobachtenden Zerwürfnisse, Auseinandersetzungen und Streitigkeiten nicht.

Bei allen Fragen zum Thema Scheidung steht Ihnen Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rolf Schwarz zur Verfügung.

VORSICHT FALLE: Befristung im Arbeitsrecht!

Die Befristung von Arbeitsverhältnissen stellt immer noch ein heikles Thema dar. Dabei geht es gar nicht um die Dämonisierung von Befristungen, also um die Frage, ob die Zunahme von befristeten Arbeitsverhältnissen unter sozialen Gesichtspunkten eingedämmt werden sollte. Die Befristung von Arbeitsverhältnissen gehört heute zum Standard, in jedem Fall zur arbeitsrechtlichen Wirklichkeit: Viele Arbeitsverhältnisse starten mit der Befristung als (vermeintlich) verlängerte Probezeit. Heikel erscheint vor diesem tatsächlichen Hintergrund lediglich die Tatsache, dass die Grundbedingungen für eine wirksame Befristung sowie die möglichen Folgen einer unwirksamen Befristung von den Vertragsbeteiligten verkannt werden. Werden so z.B. die formalen Anforderungen an die Befristungsabrede nicht eingehalten, wird gerade kein befristetes Arbeitsverhältnis, sondern ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet, das gerade nicht am Ende der ausgewiesenen Vertragslaufzeit endet, sondern der Kündigung – die ggfls. das Vorliegen von Kündigungsgründe erfordert – bedarf. Wird dies nicht erkannt, ist der Arbeitgeber mit einem womöglich ungeplanten Arbeitsverhältnis konfrontiert, der Arbeitnehmer der Chance beraubt, das sichere unbefristete Arbeitsverhältnis zu erlangen.

In diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2016 (Az. 7 AZR 142/15) anzuführen. Der Kläger im Verfahren war als wissenschaftlicher Beschäftigter einer Universität zunächst bis zum 31.03.2013 befristet beschäftigt worden. Als „Anschlussbeschäftigung“ war dem Kläger Mitte April 2013 abermals der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, nun für den Zeitraum 01.05.2013 bis zum 30.09.2013, angeboten worden. Dem Kläger wurde von Seiten der Universitätsverwaltung Ende April 2013 ein entsprechend formulierter Arbeitsvertrag in zweifacher Ausfertigung zur Unterschrift vorgelegt. Das Vertragsformular war zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger von der Beklagten noch nicht unterzeichnet worden. Der Kläger unterschrieb beider Vertragsausfertigungen und reichte diese noch am gleichen Tag an die Beklagte zurück. Weitere Rückmeldungen bekam der Kläger nicht, so dass er, wie geplant, am 02.05.2013 seinen Dienst bei der Beklagten aufnahm. Erst Mitte Mai erreichte den Kläger schließlich ein auch von der Beklagten unterzeichnetes Vertragsexemplar. Vor Ablauf der Vertragslaufzeit klagte der Kläger auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung gerade nicht zum 30.09.2013 sein Ende finden würde (sog. Entfristungsklage). Zu Recht, wie das Bundesarbeitsgericht entschied. Nach Auffassung der Richter war die für die wirksame Befristung notwendige Schriftform des Arbeitsvertrages nicht gewahrt. Vor Arbeitsaufnahme lag gerade kein schriftlicher Arbeitsvertrag vor. Schriftform i.S. des Gesetzes meint dabei nicht lediglich die „auf einem Papier festgehaltenen Vertragsbedingungen“. Nach § 126 BGB erfordert die Einhaltung der Schriftform vielmehr mehr, nämlich die Unterschrift beider Parteien auf derselben Vertrags-Urkunde. Werden über einen Vertrag, wie hier, mehrere gleichlautende Vertrags-Urkunden erstellt, reicht zur Wahrung der Schriftform, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Die notwendig beiderseits unterzeichnete Vertragsurkunde erreichte den Kläger erst nach Arbeitsaufnahme und damit zu spät. Mit der geduldeten Arbeitsaufnahme durch den Kläger zum vereinbarten Beginn kam – ungeachtet der Vertragsgespräche zwischen den Parteien, die ja auf den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages gerichtet war – Anfang Mai bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande. Dieses unbefristete Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die nachträgliche Übersendung des unterschriebenen Vertrages in ein befristetes Arbeitsverhältnis „umgewandelt“ worden. Trotz der mit anderem Inhalt geführten Gesprächen konnte sich der Kläger im Klageverfahren ohne Weiteres auf den Formmangel und die damit unwirksame Befristung berufen. Er steht nun in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Bei Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses kommt es damit auf die Details an. Fehler können leicht erhebliche Auswirkungen haben. Arbeitnehmer, die die Formunwirksamkeit rügen wollen, müssen allerdings schnell reagieren. Die sog. Entfristungsklage muss innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach dem eigentlich vorgesehenen Vertragsende eingereicht werden.

Bei Fragen rund um das Thema Befristung stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.

Krankheitskostenversicherung

Wenn der Versicherer Leistungen verweigert – Kostenerstattung bei LASIK-Operation!

Brillen und Kontaktlinsen sind heute nicht mehr der einzige Weg vorhandene Fehlsichtigkeiten zu korrigieren: In den zurückliegenden Jahren sind LASIK Operationen, bei denen mittels eines Lasereingriffs eine Änderung der Hornhautkrümmung erreicht und damit vielfach das Brille-Tragen entbehrlich wird, immer beliebter geworden. Die Kosten für die Operation sind im Vergleich zu Brillen durchaus beachtlich. Glücklich also der, der auf eine private Krankheitskostenversicherung zurückgreifen kann … oder aber eben auch nicht. In vielen Fällen verweigern die Krankheitskostenversicherer die Übernahme der Kosten für die LASIK Operation und viele Gerichte sind dem bislang gefolgt. Teilweise wird der Anspruch auf Übernahme der Kosten mit dem Hinweis darauf verweigert, dass eine Fehlsichtigkeit gerade im mittleren Alter typischerweise auftritt, also Teil des natürlichen Alterungsvorgangs ist und bei geringer ausgeprägten Fehlsichtigkeit gerade keine behandlungsbedürftige Krankheit darstellt. Andere Gerichte sprechen der LASIK-Operation – zumeist unter Hinweis auf das Ergebnis eingeholter Sachverständigengutachten – die medizinische Indikation ab: die Fehlsichtigkeit könnte im Einzelfall genauso gut mit dem Tragen einer Brille beseitigt werden. Andere Gerichte problematisieren, dass die LASIK Operation zwar in der Zwischenzeit zu den anerkannten Behandlungsmethoden bei Fehlsichtigkeit gehört, aber im Vergleich zu Brillen und Kontaktlinsen immer noch mit erheblichen Operations-Risiken behaftet ist. Es sei durch die LASIK Operation auch nicht in jedem Fall sichergestellt, dass im Anschluss eine Brille nicht mehr notwendig ist oder dauerhaft eine bestehende Fehlsichtigkeit beseitigt wird. Aufgrund der größeren Risiken und des unsicheren Operationserfolges handle es sich bei den Kosten der LASIK-Operation nicht um die Kosten einer notwendigen Heilbehandlungsmaßnahme i.S. der Versicherungsbedingungen.

Der Verneinung der Erstattungsfähigkeit von LASIK-Kosten im Rahmen einer bestehenden Krankheitskostenversicherung ist nun der Bundesgerichtshof (Urteil vom 29. März 2017, Az. IV ZR 533/15) entgegengetreten. In seiner Entscheidung, die zu einer Zurückverweisung des Verfahrens an die vorhergehende Instanz geführt hat, führt der Bundesgerichtshof aus, dass es für die Auslegung des in den Versicherungsbedingungen der Krankheitskostenversicherung verwandten Krankheitsbegriffs – wie bei Versicherungsverträgen generell – auf das Begriffsverständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ankommt. Dieser darf annehmen, dass bei nicht ganz unerheblichen Beeinträchtigung der Sehfähigkeit eine Krankheit vorliegt. Die weitergehende Frage, ob es sich bei der LASIK-Behandlung um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung handelt, deren Kosten der Versicherer zu tragen hat, kann nach Einschätzung des Bundesgerichtshofes nicht einfach mit dem Hinweis auf die Möglichkeit und die Üblichkeit des Tragens von Brillen und Kontaktlinsen verneint werden. Bei Brillen und Kontaktlinsen handle es sich – anders als bei der LASIK-Behandlung – lediglich um medizinische Hilfsmittel, mit denen die gegebenen körperlichen Einschränkungen über längeren Zeitraum aufgefangen werden könnten, mit denen die eigentliche Ursache der Beeinträchtigung jedoch nicht behandelt werden könnten. Hilfsmittel und Heilbehandlung können jedoch in der Krankenkostenversicherung nicht gleichgestellt werden. Zumindest ergäben sich aus den dem Vertrag zugrundeliegenden Bedingungen für den Versicherungsnehmer keine Anhaltspunkte dafür, dass es für die Frage der Erstattungsfähigkeit von Heilbehandlungskosten darauf ankäme, ob medizinische Hilfsmittel die gegebenen Beeinträchtigungen auffangen könnten.

Verweigert Ihr Versicherer bislang die Übernahme der angefallenen Kosten für die Augen-Operation, lohnt es sich nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofes nun möglicherweise nochmals näher nachzufassen!

Ausschlussklauseln und Mindestlohn

Freud und Leid! Ausschlussklauseln sind sowohl von Arbeitnehmern, als auch von Arbeitgebern ernst zu nehmen. Im Zuge des Mindestlohngesetzes hat die Rechtsprechung nun neue Anforderungen an die Formulierung von Ausschlussklauseln herausgearbeitet. Im Einzelnen:

Ausschlussklauseln finden sich heute eigentlich in jedem Arbeitsvertrag – meist am Ende zu Beginn der Schlussbestimmungen. Trotz des Platzes in der „zweiten Reihe“ der Vertragsbedingungen sind die Wirkungen der Ausschlussklauseln nicht zu unterschätzen. Die Klauseln führen zu einem vorzeitigen, schnellen Verfall von eigentlichen begründeten Ansprüchen im Arbeitsverhältnis. Die Untergrenze für zulässige Verfallsfrist beträgt dabei 3 Monate – nicht lang, insbesondere wenn man bedenkt, dass man ohne Verfallsklausel regelmäßig 3 Jahre Zeit hat, nicht befriedigte Ansprüche auch gerichtlich vor Eintritt der Verjährung geltend zu machen. Beachtet man die Ausschlussklauseln nicht, sind die Ansprüche unwiederbringbar verloren. Es lohnt sich also vor der Unterschrift eines Arbeitsvertrages nach möglichen Fallstricken und Ausschlussklauseln Ausschau zu halten, um nicht böse überrascht zu werden.

Wegen der erheblichen Folgen müssen Ausschlussklauseln jedoch besonderen formalen Anforderungen genügen. Die Klauseln dürfen sich z.B. nicht an versteckter Stelle unter unscheinbarer Überschrift (z.B. „Sonstiges“) finden, müssen Mindestfristen einhalten (grundsätzlich 3 Monate) und müssen Ansprüche wegen Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen und grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers ausdrücklich vom Verfall ausnehmen.

Nun hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 24.08.2016, 5 AZR 703/15) zudem klargestellt, dass auch Lohnansprüche nach dem Mindestlohngesetz, die in jedem (!!!) Lohnanspruch stecken, ausdrücklich von Ausschlussklauseln ausgeklammert werden müssen. Dies gilt zumindest für Verträge, die nach Einführung des Mindestlohngesetzes abgeschlossen wurden. Werden die Mindestlohnansprüche nicht ausdrücklich ausgenommen, ist die Ausschlussklausel insgesamt (!) unwirksam. Die Klausel entfaltet dann keinerlei Wirkung, so dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis noch bis zum Verjährungseintritt geltend gemacht werden können.

Arbeitgeber, die noch alte, lieb gewonnene Vertragsmuster verwenden, müssen daher nun aktiv werden. Arbeitnehmer können mit Ausschlussklauseln konfrontiert im Gegenzug entspannt durchatmen.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Pflichtverteidiger

– was’n das und wie komm ich dran?

Was wäre ein guter amerikanischer Krimi ohne Festnahme und der nachfolgenden Belehrung des Festgenommenen   „Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Haben Sie das verstanden?“
Vielleicht gründen sich aus den bekannten Vorabendserien auch die Vorstellung vieler hierzulande, dass bei strafrechtlichen Ermittlungen und beschränkten finanziellen Mitteln ein Anspruch auf Stellung eines Pflichtverteidigers besteht. Im deutschen Recht sind die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Pflichtverteidiger auf Staatskosten gestellt wird, allerdings wesentlich enger. Die fehlende Möglichkeit, die Kosten für einen Verteidiger selbst aufzubringen, begründet als solches kein Recht auf einen Pflichtverteidiger. Maßgeblich ist vielmehr die Schwere der gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe sowie gegebenenfalls andere persönliche Einschränkungen des Beschuldigten, die vermuten lassen, dass er seine Verfahrensrechte im Strafverfahren selbst nicht sachgerecht wahrnehmen kann.

So ist ein Pflichtverteidiger z.B.
– dem Verdacht eines Verbrechens, also bei Delikten mit einer im Gesetz vorgesehenen Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr Gefängnis (z.B. Kapitalverbrechen wie Totschlag oder Mord, Meineid, Raub, Sexualstraftaten),
– bei Straftaten, bei denen die Verurteilung zu einem Berufsverbot führen kann,
– bei Untersuchungshaft des Beschuldigten oder
– bei einer Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder Entziehungsanstalt zu bestellen. Weiterhin kommt die Bestellung eines Pflichtverteidigers in Betracht, wenn der Beschuldigte aufgrund der Schwere der Tat und der Komplexität der Sach- und Rechtslage, sich selbst nicht hinreichend verteidigen kann. Hier können im Einzelfall schon Sprachschwierigkeiten einen Anspruch auf Bestellung eines Pflichtverteidigers rechtfertigen.

Bis auf die letzte Fallgruppe, erhält der Beschuldigte in einem Strafverfahren spätestens mit der Zustellung der von der Staatsanwaltschaft bei Gericht eingebrachten Anklage einen Hinweis, auf die notwendige Bestellung eines Pflichtverteidigers und sein Recht, einen eigenen Anwalt auszusuchen und zu benennen, der ihm dann als Pflichtverteidiger beigeordnet wird. Es ist dann beim Betroffenen einen Anwalt seines Vertrauens zu kontaktieren, um diesen mit der Pflichtverteidigung betrauen zu lassen. Kommt man der eröffneten eigenen Wahl und Benennung nicht nach, ordnet das Gericht einen Anwalt aus der Pflichtverteidigerliste bei.

Der Hinweis auf den Verteidiger indiziert die erheblichen Folgen des Verfahrens. Bei solchen Hinweisen werden Sie bitte in eigenem Interesse tätig. Es geht um keine Kleinigkeit! Nutzen Sie die Möglichkeit, sich Ihren Verteidiger selbst auszuwählen.

Strafverteidiger oder Pflichtverteidiger gesucht?

wir können helfen!

Eine Vorladung zur Vernehmung, einen Strafbefehl oder eine Anklage erhalten? Haftbefehl im Umlauf? festgenommen worden? in Haft?

Auch wenn instinktiv das Bedürfnis besteht, zu den erhobenen Vorwürfe Stellung zu nehmen und die Sache richtig zu rücken…

es empfiehlt sich, regelmäßig zunächst von seinem Recht Gebrauch zu machen, sich nicht zur Sache äußern zu müssen. Es ist nicht Ihre Aufgabe, die  im Raum stehenden Vorwürfen zu entkräften, sondern zunächst Sache der Strafverfolgungsbehörden, das Vorliegen eines strafbaren Verhaltens zu belegen. Vorschnell gemachte Angaben lassen sich im weiteren Verfahren möglicherweise nicht mehr relativieren. Es empfiehlt sich jedenfalls vor der Abgabe einer Einlassung im Strafverfahren Einblick in die Ermittlunsgakte und damit in das bisherige Ergebnis der Ermittlungen zu nehmen. Hierbei hilft ein Strafverteidiger, dem das Recht auf umfassende Akteneinsicht zusteht. Dem Beschuldigten selbst wird ein Einblick in die Akte nicht gewährt.

Wir stehen als Strafverteidiger und Pflichtverteidiger in allen Verfahrenstadien (Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren, Strafbefehlsverfahren, Hauptverfahren, Strafvollstreckung, Haft) an Ihrer Seite.

In dringenden Fällen erreichen Sie uns hierbei auch außerhalb der regulären Bürozeiten. Unser Strafverteidiger-Notruf (Rechtsanwalt Schwarz) ist erreichbar unter 0173 9735831.

Betriebliches Eingliederungsmanagement

– schon mal gehört?

Irgendwie stößt man in den letzten Jahren zunehmend auf den Begriff des Betrieblichen Eingliederungsmanagements, kurz BEM genannt. Zielsetzung, Ablauf und Bedeutung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements scheinen jedoch weder Arbeitgebern, noch Arbeitnehmern vollständig bekannt zu sein. Bei Arbeitnehmern begründet die Einladung zum BEM oftmals die diffuse Angst vom kurzfristigen Ende des Arbeitsverhältnisses. Es ist also Zeit, das betriebliches Eingliederungsmanagement mal näher ins Auge zu fassen.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung des BEM finden sich im Schwerbehindertenrecht. Trotz dieses Standorts greifen die Regelungen für alle Arbeitnehmer – ungeachtet eines vorhandenen oder nicht vorhandenen Grades der Schwerbehinderung. Gem. § 84 SGB IX sind danach Arbeitgeber verpflichtet, (allen) Beschäftigten die innerhalb eines Jahres – nicht notwendig innerhalb eines Kalenderjahres – mehr als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt waren, ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten. Ziel des BEM ist, die Arbeitsfähigkeit eines (erkrankten) Arbeitnehmers schnellstmöglich wiederherzustellen bzw. weiteren krankheitsbedingten Ausfällen vorzubeugen und die Arbeitsfähigkeit des Mitarbeiters dauerhaft zu sichern. Es gilt nach der Auswertung des Arbeitsplatzzuschnitts mögliche betriebliche Ursachen für die Erkrankungsfälle bzw. die Arbeitsunfähigkeit ausfindig zu machen und mit geeigneten Mitteln, z.B. der Umgestaltung des Arbeitsplatzes, der Arbeitsabläufe, der Einbindung von anderen Arbeitsmitteln bzw. anderen Hilfsmitteln oder der Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz, entsprechende Ursachen zu beseitigen bzw. betriebliche Risikofaktoren auszuschalten. Unter Fürsorgegesichtspunkten kann ein Arbeitgeber insoweit verpflichtet sein, seinem Arbeitnehmer einen leidensgerechten, seinen vorhandenen Einschränkungen Rechnung tragenden, Arbeitsplatz einzurichten. Um vorhandene Möglichkeiten der Hilfestellungen ausschöpfen zu können, kann in diesem Zusammenhang die Hinzuziehung von Betriebsärzten, Krankenkassen, Rentenversicherungsträgern und Integrationsämtern angezeigt sein.
Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich einem BEM zu stellen, besteht allerdings nicht. Die Teilnahme am BEM ist für den Arbeitnehmer vielmehr stets freiwillig. Wenn seinerseits kein Interesse besteht, ist das BEM nicht durchzuführen. Auf die Freiwilligkeit ist im Rahmen der Einladung des Arbeitgebers zum Betrieblichen Eingliederungsmanagements ausdrücklich aufmerksam zu machen. Die Krankendaten des Arbeitnehmers sind im Rahmen des Verfahrens sensibel zu behandeln; es ist sicherzustellen, dass die Krankendiagnosen dem Arbeitgeber nicht offenbart werden.
Die Ablehnung der Durchführung eines BEM durch den Arbeitnehmer birgt – ungeachtet der vorgegebenen Freiwilligkeit – gewisse Gefahren für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses: Mit der Verweigerung eines BEM nimmt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber letztlich die Möglichkeit, einen Arbeitspatz zu schaffen, auf dem der Arbeitnehmer trotz womöglich tatsächlich gegebener Einschränkungen, bestenfalls auch zukünftig eingesetzt werden kann. Ist der Arbeitnehmer allerdings dauerhaft nicht in der Lage, die ihm arbeitsvertraglich übertragenen Tätigkeiten auszuführen, oder besteht die Prognose weiterer dauerhafter oder wiederholter Ausfälle, so begründet dies möglicherweise die Grundlage für eine personenbedingte Kündigung.
Bietet der Arbeitgeber trotz entsprechender Verpflichtung kein BEM an, so verschlechtern sich seine Möglichkeiten zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses trotz erheblicher Arbeitsausfällen. Zwar gehört die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht zu den Voraussetzungen für den Ausspruch einer (personenbedingten) Kündigung. Die Kündigung eines Mitarbeiters unter der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes ist jedoch nur dann wirksam, wenn es mildere Mittel als Reaktion auf Ausfallzeiten des Arbeitnehmers nicht gibt. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses darf nur die letzte Lösungsmöglichkeit darstellen. Vor dem Ausspruch der Kündigung sind mildere Mittel auszuschöpfen. Ein milderes Mittel wäre die Umgestaltung des Arbeitsplatzes, deren Bedingungen im Rahmen des BEM zu ermitteln und zu erarbeiten wären. Fehlt es an einem betrieblichen Eingliederungsmanagement, hat der Arbeitgeber bei Streit im Kündigungsschutzverfahren darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers auch bei Durchführung des tatsächlich nicht angebotenen BEM nicht erhalten werden konnte.
Ist ein BEM durchgeführt worden, so muss es ordnungsgemäß mit den notwendigen Belehrungen durchgeführt worden sein, um seine Wirkungen entfalten zu können.
Beim Fehlen oder Fehlern drohen ggfls. sogar Schadenersatzansprüche betroffener Arbeitnehmer. Dies gilt insb. bei langfristig erkrankten Mitarbeitern, die nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung, Krankengeld oder nach Auslaufen des Krankengeldes Arbeitslosengeld beziehen. Hätte ein betriebliches Eingliederungsmanagement und die an seinen Ergebnissen vielleicht anknüpfende Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder Versetzung die Arbeitsfähigkeit des Mitarbeiters wiederherstellen können, kann der Arbeitnehmer bei Verschulden des Arbeitgebers im Einzelfall die Differenz zwischen seinem Normalverdienst und den geringeren Sozialleistungen als Schadenersatz geltend machen.
Das BEM bietet also Risiken und Chancen, sowohl für Arbeitnehmer, als auch für Arbeitgeber. Bei Fragen stehen wir gerne zur Verfügungen.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht