Pflichtverteidiger

– was’n das und wie komm ich dran?

Was wäre ein guter amerikanischer Krimi ohne Festnahme und der nachfolgenden Belehrung des Festgenommenen   „Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt. Haben Sie das verstanden?“
Vielleicht gründen sich aus den bekannten Vorabendserien auch die Vorstellung vieler hierzulande, dass bei strafrechtlichen Ermittlungen und beschränkten finanziellen Mitteln ein Anspruch auf Stellung eines Pflichtverteidigers besteht. Im deutschen Recht sind die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Pflichtverteidiger auf Staatskosten gestellt wird, allerdings wesentlich enger. Die fehlende Möglichkeit, die Kosten für einen Verteidiger selbst aufzubringen, begründet als solches kein Recht auf einen Pflichtverteidiger. Maßgeblich ist vielmehr die Schwere der gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfe sowie gegebenenfalls andere persönliche Einschränkungen des Beschuldigten, die vermuten lassen, dass er seine Verfahrensrechte im Strafverfahren selbst nicht sachgerecht wahrnehmen kann.

So ist ein Pflichtverteidiger z.B.
– dem Verdacht eines Verbrechens, also bei Delikten mit einer im Gesetz vorgesehenen Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr Gefängnis (z.B. Kapitalverbrechen wie Totschlag oder Mord, Meineid, Raub, Sexualstraftaten),
– bei Straftaten, bei denen die Verurteilung zu einem Berufsverbot führen kann,
– bei Untersuchungshaft des Beschuldigten oder
– bei einer Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus oder Entziehungsanstalt zu bestellen. Weiterhin kommt die Bestellung eines Pflichtverteidigers in Betracht, wenn der Beschuldigte aufgrund der Schwere der Tat und der Komplexität der Sach- und Rechtslage, sich selbst nicht hinreichend verteidigen kann. Hier können im Einzelfall schon Sprachschwierigkeiten einen Anspruch auf Bestellung eines Pflichtverteidigers rechtfertigen.

Bis auf die letzte Fallgruppe, erhält der Beschuldigte in einem Strafverfahren spätestens mit der Zustellung der von der Staatsanwaltschaft bei Gericht eingebrachten Anklage einen Hinweis, auf die notwendige Bestellung eines Pflichtverteidigers und sein Recht, einen eigenen Anwalt auszusuchen und zu benennen, der ihm dann als Pflichtverteidiger beigeordnet wird. Es ist dann beim Betroffenen einen Anwalt seines Vertrauens zu kontaktieren, um diesen mit der Pflichtverteidigung betrauen zu lassen. Kommt man der eröffneten eigenen Wahl und Benennung nicht nach, ordnet das Gericht einen Anwalt aus der Pflichtverteidigerliste bei.

Der Hinweis auf den Verteidiger indiziert die erheblichen Folgen des Verfahrens. Bei solchen Hinweisen werden Sie bitte in eigenem Interesse tätig. Es geht um keine Kleinigkeit! Nutzen Sie die Möglichkeit, sich Ihren Verteidiger selbst auszuwählen.

Polizeikontrolle

– Hilfe?! … wenn der Beamte zuschlägt oder zwei Mal klingelt

Heute mal Überschriften im BILD Format…Da scheint in Düsseldorf eine kleine unscheinbare Verkehrskontrolle etwas aus dem Ruder gelaufen zu sein. Weil sie das nach dem falschen Einfahren in eine Einbahnstraße angebotene Verwarngeld nicht annehmen wollte, sich im Anschluss vom Beamten falsch behandelt fühlte (und ihrem Ärger in hysterischen Äußerungen Luft machte), diesem nachging und dann auch noch „handgreiflich“ wurde, gab es vom Polizeibeamten eine gebrochene Nase!!! aus Notwehr wie das Amtsgericht nun im Strafverfahren gegen den Beamten urteilte! der Beamte durfte sich zu Recht angegriffen fühlen und sich zur Wehr setzen!

Damit der nächste Polizeieinsatz nicht ähnlich schief geht, hier noch einmal ein paar Tipps:

– Auch wenn das schlechte Gewissen beim Anblick einer Uniform sofort drückt und ein charmanter Umgang mit dem Gegenüber nie schadet, bleiben sie beim Kontakt mit dem Beamten, der gerade vor Ihrer Tür erscheint oder Sie eben aus dem „Verkehr gezogen hat“ ruhig und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Niemand ist verpflichtet, bei der Strafverfolgung gegen seine Person mitzuwirken und zu seinen eigenen Lasten auszusagen. Äußerungen, die sie spontan tätigen (und davon werden sich viele in der Akte finden, auch wenn Sie sich nicht mehr daran erinnern können, diese getätigt zu haben), können im Strafverfahren stets gegen Sie verwandt werden! Wenn der Beamte Sie also augenzwinkernd fragt, ob Sie wohl wissen, warum man wohl gerade Sie angehalten hat, geben Sie nicht den Streber („Möglicherweise war ich etwas zu schnell“; „Ich habe vor der roten Ampel nicht mehr anhalten können“). Sie werden entsprechende Äußerungen im anschließenden Verfahren nicht mehr relativieren können. Das Ihnen zustehende Schweigerecht bedeutet übrigens überhaupt keine Angaben zur Sache machen zu müssen; jede Aussage, die sich ungeachtet dessen dennoch tätig, kann „gegen Sie verwandt werden“. Auch aus dem Befund, welche Fragen beantwortet und welche Fragen nicht beantwortet werden, können die Strafverfolgungsbehörden Schlussfolgerungen für die Tatbewertung ziehen.

– So wenig wie Sie Angaben zur Sache machen müssen, müssen Sie „pusten“ und einer Atemalkoholkontrolle zustimmen. Wenn sie also nicht zu 100% sicher sind, dass das Ergebnis 0,0 Promille lauten wird, lehnen Sie das „Pusten“ ab. Der nächste Schritt wird dann zwar das Androhen der Blutabnahme bilden, aber auch hier sind Sie nicht zur Mitwirkung verpflichtet. Die freiwillige Teilnahme hört sich zwar souverän an, ist es aber nicht! Da es sich um einen körperlichen Eingriff handelt, kann die Polizei die Entnahme grundsätzlich nur nach gerichtlicher Genehmigung durchführen lassen, nur bei Gefahr in Verzug gelten Ausnahmen (die Beweisvereitelung rechtfertigt allerdings regelmäßig die schnelle Blutentnahme).

– Sie tuen sich schließlich auch keinen Gefallen, den Führerschein freiwillig abzugeben – schließlich haben Sie für den Erwerb des Lappens auch einige Zeit investiert! Zeiten, in denen der Führerschein freiwillig abgegeben werden, werden Ihnen nicht auf ein spät gegebenenfalls drohendes Fahrverbot angerechnet. Wenn der Polizeibeamte den Führerschein haben will, dann soll er diesen offiziell beschlagnahmen oder eine gerichtliche Entscheidung über den Führerscheinentzug anstoßen (das ist schließlich auch sein Job!).

Also: Weniger ist Mehr! Gar nichts ist noch besser! Was natürlich nicht auf den höflichen Umgang miteinander durchschlagen sollte (so wie wohl im Fall des Amtsgerichts Düsseldorf)! Sie sollen nicht ausfallend werden (schließlich wollen Sie sich keine gebrochene Nase verdienen), aber bestimmt darauf hinweisen, dass es nicht Ihre Aufgabe ist, den Weg zum Fahrverbot, Führerscheinentzug oder zur Geldstrafe zu ebnen!

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht