Kaufrecht

…for beginners (Teil 1) oder wie mache ich Gewährleistungsrechte geltend!

Da schleppt man das neu erworbene Elektronik-high-end Gerät nach langen Marktrecherchen endlich glücklich nach Hause, genießt den Sound und dann das …. nach 1 Monat macht es „peng“ und das Ding gibt keinen Laut mehr von sich ….Der wieder aufgesuchte Händler winkt bei dem Wunsch nach Reparatur bzw. Lieferung eines neuen Gerätes breitgrinsend ab, “ …da muss wohl ein Benutzerproblem vorgelegen haben“, eine Reparatur könne man gerne veranlassen, aber natürlich gegen entsprechendes Entgelt….

So einfach funktioniert die Sache aber irgendwie nicht!

Mit Abschluss des Kaufvertrages hat der Käufer Anspruch auf die mangelfreie Übergabe der gekauften Sache. Ist die Ware nicht mangelfrei, kann der Käufer vom Verkäufer die kostenlose Nachbesserung – grundsätzlich nach seiner Wahl – durch die Lieferung einer neuen Sache oder durch Reparatur verlangen.

Mangelfrei ist eine Sache hierbei immer dann, wenn sie bei ihrer Übergabe an den Käufer die vom Händler, auch in Prospekten, zugesagten Eigenschaften aufweist. Fehlt es an besonderen Anpreisungen und Vereinbarungen muss sich die Ware zumindest für die gewöhnliche Verwendung eignen (ein Toaster sollte zumindest Brot rösten).

Legt man dies zugrunde, dann war das Elektronik Gerät in unserem kleinen Fallbeispiel bei der Übergabe auf den ersten Blick nicht mangelbehaftet: schließlich hat das gute Stück zumindest einen Monat gute Dienste geleistet; beim Kauf hat unser Musikliebhaber bekommen, was er haben wollte. Für die Frage der Mangelfreiheit ist jedoch nicht maßgebend, wann sich der Fehler letztlich in einer Fehlfunktion offenbart, entscheidend ist allein, ob bei der Übergabe ein Mangel vorhanden war. Hierfür reicht aus, dass die Ursachen für den Mangel bereits im Produkt bei der Übergabe der Ware angelegt waren.

Vorliegend liegt der Verdacht nahe, dass das Soundwunder fehl verarbeitet war, schließlich dürfte eine Halbwertzeit von einem Monat bei einem werthaltigen Produkt eher einen Ausreißer darstellen. Das bloße Bauchgefühl reicht zur Begründung von Gewährleistungsansprüchen jedoch nicht aus. Der Käufer, der die Mangelhaftigkeit des gekauften Produkts rügt, muss das Vorliegen eines Mangels im Zeitpunkt der Übergabe im Streitfall beweisen. Mangels Einblick in den Produktionsprozess und mit Blick auf das zu vermutende Fehlen tiefgreifender technischer Kenntnis (bei jedenfalls einem Großteil der Bevölkerung) ein schwieriges Unterfangen. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt: Er hilft dem Verbraucher mit einer sog. Beweislastumkehr in den ersten 6 Monaten nach Übernahme der gekauften Sache: Zeigen sich in den ersten 6 Monaten Mängel, so wird zu Lasten des Verkäufers vermutet, dass der Mangel (bzw. dessen Ursachen) bereits bei Übergabe der Sache vorhanden war. Der Verkäufer muss nun beweisen, dass er ein mangelfreies Produkt zur Verfügung gestellt hat. Gelingt ihm dies nicht, so haftet er. Nach den ersten sechs Monaten ist es sodann „wirklich“ am Käufer das Vorliegen eines Mangels bereits bei der Übergabe nachzuweisen.

Da die Soundmaschine in unserem Fall schon nach einem Monat seinen Geist aufgegeben hat, greift für unseren Musikliebhaber die Beweislastumkehr! der Händler wird also wohl oder übel doch die Reparatur oder Neulieferung auf seine Kosten veranlassen müssen

Also schnell auf die Einkaufsliste:
– gekaufte Waren vor dem Kauf gründlich durchsehen, zeigen sich schon hierbei Mängel, müssen diese angezeigt werden – wer eine Ware mit einem erkennbaren Mangel ohne entsprechende Rüge mit nach Hause nimmt, kann sich hinterher nicht mehr beschweren
– nach der Übernahme der Ware diese am Besten nochmals auf Herz und Nieren testen
– treten Mängel auf, diese sofort dokumentieren und dem Händler anzeigen – nach Wahl Reparatur oder Neulieferung verlangen
– ist der Preis nicht gerade wegen eines Fehlers reduziert, besteht auch bei preisreduzierten Produkten grundsätzlich ein Anspruch auf mangelfreie Übergabe und damit im Fall von Mängeln auf Nachbesserung
– der Käufer muss sich nicht auf eine Herstellergarantie verweisen lassen, erster Ansprechpartner für Mängelrechte (Gewährleistung) ist der Verkäufer/Händler

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht (Bocholt)

Autokauf-Gewährleistung

Ärger mit dem Gebrauchtwagenkauf: Nicht jeder Wagen der eine TÜV Plakette trägt, verdient auch eine …

Fehlt die Verkehrssicherheit trotz frisch erteilter TÜV Plakette, so rechtfertigt dies zumindest bei einem Wagenkauf mit der Angabe „TÜV neu“ den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag.

So zumindest des Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14. Zum zugrundeliegenden Fall – die Klägerin hatte Anfang August 2012 von dem Beklagten, einen Autohändler, einen 13 Jahre alten Pkw erworben. Der Wagen hatte am Tage des Kaufes – wie vom Händler zugesagt und im Kaufvertrag angegeben „HU neu“ – die Hauptuntersuchung „erfolgreich“ durchlaufen und eine TÜV Plakette erhalten.

Bereits am Tag nach der Übernahme des Fahrzeugs fiel der Motor mehrfach aus. Die Klägerin stellte den Pkw in einer Werkstatt vor, dort wurde u.a. eine die Verkehrssicherheit beeinträchtigende Korrosion der Bremsleitungen festgestellt. Unter Hinweis auf die festgestellten Mängel erklärte die Klägerin zum Ende des Monats August die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und hilfsweise den sofortigen Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie verlangte den Kaufpreis zurück, was der Händler unter Hinweis, auf die ihm vorab nicht gegebene Möglichkeit zur Beseitigung der Mängel zunächst verweigerte. Zu Unrecht wie die Instanz-Gerichte feststellten und der Bundesgerichtshof nun bestätigte. Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich eine arglistige Täuschung des Händlers vorlag, war der Wagen jedenfalls mangelhaft. Entgegen der vereinbarten Beschaffenheit „HU neu“ befand sich der Pkw aufgrund der Korrosionserscheinung gerade nicht in einem Zustand, der die Erteilung einer TÜV-Plakette am Tag des Kaufvertrags rechtfertigte. Dem Autohändler musste die Klägerin vor der Rücktrittserklärung keine Möglichkeit zur Beseitigung der Mängel geben. Angesichts der Sachverhaltsumstände durfte die Klägerin erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit und Fachkompetenz des Gebrauchtwagenhändlers entwickeln.

Augen auf beim Autokauf!

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht Bocholt