Eheliches Güterrecht

„Schatz, ich habe da mal deinen Versicherungsvertrag gekündigt“ … wenn der Partner die Familiengeschäfte betreibt

Wie wir vor einigen Wochen hier bereits dargestellt, gibt es keine allgemeine Mitverpflichtung-Befugnis von Ehepartnern: aus den Verträgen, die ein Ehepartner abschließt, haftet zunächst nur dieser, der andere Partner hat mit den so begründeten Schulden seines Ehegatten nichts zu tun. Die Ehe begründet keine Schuldengemeinschaft. Etwas anderes gilt jedoch für „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie“. Bei solchen familiären Konsum-Geschäften werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet (!), auch wenn nur einer der Ehegatten -auf eigene Veranlassung und ohne Rücksprache mit den Ehepartner – tätig wird. Dass das Rede stehende Geschäft Familienbezug hat und eine Ehe besteht, muss dem Vertragspartner dabei nicht einmal offenbaren werden. Er kann sich bei Kenntniserlangung wegen der möglicherweise ausstehenden Vergütung auch an den anderen Ehepartner wenden.

Etwas altbacken spricht man von der sog. Schlüsselgewalt des handelnden Ehegatten. Als mögliche Geschäfte, die der Ehepartner in der vorbeschriebenen Form auch mit Wirkung für seinen Partner abschließen kann, kommen neben der Anschaffung von Lebensmitteln, auch der Kauf von Haushaltsgegenständen und Möbelstücken nebst Finanzierungsgeschäften, der Abschluss von Energielieferverträgen, die Beauftragung von Handwerkern mit Reparaturen in der Ehewohnung oder der Abschluss von Versicherungsverträgen (z.B. Hausrat und Pkw-Versicherung) in Betracht. Nicht abgeschlossen werden können mit Wirkung zu Lasten des anderen Ehegatten dagegen z.B. Darlehensverträge zur Finanzierung eines Hausbaus, auch die Anmietung und die Kündigung einer Mietwohnung sind nicht über die Schlüsselgewalt gedeckt.

Die in Rede stehenden Verträgen müssen der individuellen angemessenen Bedarfsdeckung dienen. Der Lebensstil der Familie und der ansonsten geübte Konsumstil der Familie müssen gewahrt bleiben. Ging es bisher nur zum Wandern in den Schwarzwald, bedürfte die Buchung einer Weltreise auf einem Luxus-Kreuzfahrtschiff wohl doch eher der vorherigen Abstimmung zwischen den Ehepartnern.

Haben sich die Ehegatten getrennt, haben sie die eheliche Gemeinschaft aufgehoben und leben getrennt, entfällt auch die Befugnis zur Mitverpflichtung des Ehegatten über die Schlüsselgewalt. Zudem kann jeder Ehegatte die Wirkungen der Schlüsselgewalt durch Erklärung gegenüber seinem Partner ausschließen, zumindest dann, wenn hierfür ein ausreichender Grund besteht. Gegenüber Dritten wirkt eine Ausschließung allerdings grundsätzlich nur dann, wenn sie im Güterrechtsregister eingetragen ist.

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 28.02.2018, Az. XII ZR 94/17) nochmals mit den Details der Schlüsselgewalt auseinandergesetzt. Im zugrunde liegenden Fall ging es um Versicherungsleistungen nach einem Vollkaskoschaden. Die Klägerin begehrte nach einem selbst verschuldeten Unfall mit dem Familien-Pkw von dem verklagten Kasko-Versicherer die Zahlung von Reparaturkosten in Höhe von ca. 13.000,00 € sowie die Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Der Ehemann hatte allerdings den zugrunde liegenden, von der Klägerin abgeschlossenen Kfz-Haftpflicht- und Vollkasko-Versicherungsvertrag, vor dem Unfallereignis gekündigt und mit der Beklagten einen neuen Versicherungsvertrag für das auf ihn zugelassene Familienfahrzeug abgeschlossenen. Der neue Vertrag enthielt keinen Vollkaskoversicherungsschutz mehr.

Im Verfahren berief sich die Klägerin nun auf die Unwirksamkeit der von ihrem Mann erklärten Kündigung, der Ehemann hätte den Vertrag nicht kündigen können, der Versicherungsvertrag in seiner Ursprungsform würde fortbestehen und die Beklagte wäre daher weiter zur Erbringung der Versicherungsleistung verpflichtet.

Dies sah der Bundesgerichtshof anders und bestätigte die Klageabweisung aus den Vorinstanzen. Der Ehemann sei im Rahmen der Schlüsselgewalt berechtigt gewesen, den Versicherungsvertrag zu kündigen. Der verunfallte Pkw sei der einzige Wagen der Familie gewesen, zudem sei die Zulassung auf den Ehemann erfolgt. Abschluss und Kündigung des Vertrages seien vorliegend Geschäfte zur angemessenen Deckung des Familienbedarfes gewesen. Und so bleibt die Familie nun auf ihrem Schaden sitzen.

Bei weiteren Fragen rund um das eheliche Güterrecht und die Vermögensauseinandersetzung im Fall der Scheidung stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Unterhaltsberechnung?!

Die Höhe von Ansprüche auf Unterhalt lässt man am Besten vom Fachmann erstellen bzw. überprüfen: gesetzliche Bestimmungen bedürfen der Auslegung und Anwendung auf den konkreten Einzelfall. Auch wenn Frauenzeitschriften und Ratgeber für den Scheidungsfall die wesentlichen Stichworte aufgreifen und erläutern, dürfte dem juristischen Laien die rechtssichere Anwendung auf seinen Fall – möglicherweise auch aufgrund einer besonderen emotionalen Einbindung – kaum möglich sein. Es kommt regelmäßig auf die Details an, die ohne Problembewusstsein, gar nicht in den Blick geraten. Zudem sollte man sich klar machen, dass die Rechtsprechung trotz einheitlich geltender gesetzlicher Bestimmungen nicht ohne Weiteres einheitlich ist. Normen werden von Gerichten durchaus unterschiedlich verstanden und angewandt.

In diesem Zusammenhang sind für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm vom Oberlandesgericht (unverbindliche) Leitlinien zur Behandlung unterhaltsrechtlicher Fragestellungen und unterhaltsrechtlicher Fragen erstellt worden, die eine einheitliche Rechtsprechung gewährleisten sollen. Die Leitlinien betreffen nicht nur Fragen des Ehegatten- und Kindesunterhalt, sondern auch des Elternunterhalt. Sie werden jährlich aktualisiert und auf der Homepage des Oberlandesgerichts veröffentlicht. Wer sich vor juristischen Vokabular und einer gewissen Abstraktheit nicht abschrecken lässt, dem sei ein Blick in die Leitlinien durchaus empfohlen. So lässt sich den Leitlinien (auch für den juristischen Laien verständlich) u.a. entnehmen, welche Einkommensarten neben dem regulären Arbeitseinkommen für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind, welche Aufwendungen (z.B. für die Fahrten zur Arbeitsstelle) in Abzug zu bringen sind, in welchem Umfang Schulden absetzbar sind und welche Beträge dem Unterhaltsschuldner in jedem Fall verbleiben müssen.

Für den schnelleren Zugriff haben wir die Unterhaltsrichtlinien auf unserer Homepage unter dem Stichpunkt „Service“ verlinkt! Dort finden Sie auch die im Scheidungsverfahren benötigten amtlichen Formulare zum Versorgungsausgleich.

http://scheidung-bocholt.eu/service-formulare-link

Wohnungszuweisung in der Trennung

Beabsichtigen Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft aufzuheben, geht das regelmäßig, aber nicht notwendigerweise, auch mit einer räumlichen Trennung einher. Nicht immer können sich die Ehegatten hierbei darüber einvernehmlich verständigen, wer in den bislang gemeinsam genutzten Räumlichkeiten verbleibt und wer anderweitig Quartier nimmt. Findet die Eheleute keine Verständigung, dann gibt § 1361b BGB die Möglichkeit, einem Ehegatten auf seinen Antrag die Ehewohnung durch gerichtlichen Beschluss ganz oder teilweise zur weiteren Nutzung zuweisen zu lassen (Wohnungszuweisung).

Begründet ist das Verlangen eines Ehegatten, ihm die Ehewohnung zuzuweisen, wenn der Auszug des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine „unbillige Härte“ – auch in Bezug auf die im Haushalt lebenden Kinder – zu vermeiden.

Härtefälle werden insb. durch Tätlichkeiten und Gewalttätigkeiten gegenüber dem die Wohnungszuweisung beantragenden Ehegatten und Familienmitgliedern begründet. Hat ein Ehegatte so seinen Partner vorsätzlich verletzt oder eine solche Verletzung angedroht, so ist dem verletzten/bedrohtem Partner auf seinen Antrag die Wohnung regelmäßig alleine zuzuweisen. Über diese handgreiflichen Formen von Gewalt, reicht für die Wohnungszuweisung jedoch auch jede andere Gewaltform. Auch indirekte Aggressionen begründet durch unbeherrschtes, unberechenbares Verhalten, durch das Randalieren in der Wohnung, durch Sachbeschädigungen oder schwere Beleidigungen können den Antrag auf Wohnungszuweisung begründen. Der antragstellenden Ehegatten muss sich durch die Situation insgesamt so belastet fühlen, dass ihm auch unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabs die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft nicht mehr zuzumuten ist; typischerweise zu beobachtende Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Trennung reichen alleine nicht aus, den Wohnungszuweisungsantrag zu rechtfertigen. In zwei aktuellen Entscheidungen hat das OLG Oldenburg (Az. 4 UFH 1/17, Beschluss vom 31.01.2017, und Az. 4 UF 12/17, Beschluss vom 29.03.2017) die Wohnungszuweisung an eine Ehefrau bestätigt, deren Ehemann sie in einer Nachricht auf dem Anrufbeantworter massiv bedroht hatte. Zudem hatte der Ehemann die Terrassentüre aufgebrochen und sich damit widerrechtlich Zutritt zur Wohnung verschafft.

Leben im Haushalt Kinder, so kann der Wohnungszuweisungsantrag auch dadurch begründet werden, dass diese in besonderem Maße durch die mit der Trennung einhergehenden Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten leiden. Zu prüfen ist insoweit, ob es im häuslichen Bereich noch ein erträgliches Miteinander möglich ist oder die Kinder im einem nur noch durch Streitigkeiten und Spannungen dominiertem Umfeld leben. Im letzten Fall wird die Wohnung im Regelfall den die Kinder betreuenden Ehegatten zugewiesen.

Wem die gemeinsam genutzten Räume gehören, wer also Eigentümer der Wohnung ist, oder von wem der Mietvertrag über die Räumlichkeiten geschlossen wurde, spielt bei einem Antrag auf Wohnungszuweisung keine allein entscheidende Rolle. Die Eigentumsverhältnisse bzw. die dingliche Berechtigung an der Ehewohnung sind lediglich im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Auch der Eigentümer einer Wohnung kann also aus dieser durch die gerichtliche Entscheidung im Ernstfall „gesetzt werden“.

Für alle Fragen rund um das Thema Scheidung steht Ihnen Herr Rolf Schwarz, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, zur Verfügung.

 

Trennungsjahr – zu den Scheidungsvoraussetzungen

Wer Scheidung sagt, hat mehr oder weniger bewusst auch das Stichwort „Trennungsjahr“ im Kopf. Im Kern richtig, nennt das Gesetz das Trennungsjahr jedoch nicht als unmittelbare Scheidungsvoraussetzung.

  • Voraussetzung für die Scheidung – das Scheitern der Ehe

Maßgebender Anknüpfungspunkt für den Ausspruch der Scheidung ist vielmehr allein das Scheitern der Ehe, die unumkehrbare Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Was die eheliche Lebensgemeinschaft hierbei im Einzelnen ausmacht, bestimmen alleine die Ehepartner durch ihre gemeinsam gefasste Lebensplanung. Ein festes Ehe-Leitbild gibt es insoweit nicht, auch ein Zusammenleben der Ehepartner ist nicht zwingend vorgegeben. Bei allen, auch außergewöhnlichen Entwürfen für das Zusammenleben, liegt den Ehen jedoch eine wechselseitige innere Bindung der Ehegatten aneinander, ein Füreinander-Einstehen-Wollen zu Grunde. Legt man dies zugrunde, dann kommt die Scheidung der Ehe also immer dann in Betracht, wenn sich mindestens einer der Ehepartner unumkehrbar vom gemeinsamen Eheplan löst und sich vom Partner innerlich abwendet. 

  • Die Bedeutung des Trennungsjahres

Für Dritte wie Gerichte sind innere Vorgänge allerdings nur schwer feststellbar, deswegen stellt das Gesetz für die Feststellung des Scheiterns der Ehe auf die nach außen leichter feststellbare Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, das Getrenntleben der Ehegatten ab. Leben die Ehegatten ein Jahr getrennt und beantragen sie beide die Scheidung der Ehe oder stimmt der Ehegatte dem vom anderen Ehegatten gestellten Scheidungsantrag zu, dann vermutet das Gesetz unwiderlegbar das Scheitern der Ehe und damit das Vorliegen der Voraussetzungen zum Ausspruch der Scheidung. Das Trennungsjahr rückt damit tatsächlich in den Mittelpunkt des Scheidungsverfahrens.

  • Anforderungen an die Trennung = Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft

Das Trennungsjahr beginnt mit der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, also dem Auszug eines Ehegatten aus der Ehewohnung und der Begründung zweier getrennter Haushalte. Da es nicht schlicht um einen Umzug geht, muss der Auszug und die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft als Aufhebung auch gerade der ehelichen Lebensgemeinschaft gewollt sein. Die Ehegatten müssen mit der Trennung fortan selbständig wirtschaften. Werden trotz der getrennten Wohnungen Aufgaben wie das Waschen, Einkaufen oder Kochen, auch nur abwechselnd, gemeinsam erledigt, spricht das gegen das Vorliegen der erforderlichen Trennung. Kontakte außerhalb der Wohnung sowie Kontakte zur Betreuung der gemeinsamen Kinder sind dagegen unschädlich. Auch kurzzeitige Versöhnungsversuche (bis max. 3 Monate) hindern den Ablauf des Trennungsjahres nicht.

  •  Trennung innerhalb der Wohnung

Nicht immer bestehen die Möglichkeiten, eine zweite Wohnung anzumieten. Auch innerhalb der Ehewohnung ist jedoch ein Getrenntleben möglich. Auch bei einem Verbleib beider Ehegatten in der Ehewohnung muss die bisherige Haushaltsgemeinschaft aufgelöst und getrennte Haushalte geschaffen werden. Es muss eine weitestgehende Trennung herbeigeführt werden. Die privaten Bereiche der Eheleute insb. zum Schlafen und Wohnen müssen strikt getrennt werden. Nur einmal vorhandene Funktionsräume wie Küche, Diele, Bad, Toilette oder auch eine Waschmaschine dürfen zwar gemeinsam genutzt werden. Einkaufen aus einer gemeinsamen Kasse, das wechselseitige Kochen, das gemeinsame Einnehmen von Mahlzeiten, das Waschen der Wäsche für den anderen Ehegatten und vergleichbare Versorgungsleistungen müssen jedoch unterbleiben. Dass das bisherige Eheleben lediglich im Interesse der Kinder „zum Schein“ aufrechterhalten wird, steht der Annahme einer rechtlich relevanten Trennung entgegen.

  • Verzicht auf das Trennungsjahr – die Härtefallscheidung

Nur in absoluten Ausnahmesituationen kommt eine Scheidung auch ohne Einhaltung des Trennungsjahres in Betracht (sog. Härtefallscheidung). Es müssen dann schwerwiegende Gründe in der Person des anderen Ehegatten vorliegen, die es dem scheidungswilligen Ehegatten schlichtweg unzumutbar machen, an der Ehe als solches länger festgehalten zu werden. Das Verheiratet-Sein als solches muss unzumutbar sein. Die Voraussetzungen für eine Härtefallscheidung wurden bislang z.B. bejaht bei wiederholten schwerwiegenden körperlichen und seelischen Misshandlungen durch den Ehegatten, bei Verdacht schwerwiegender Straftaten durch den Ehegatten, bei Schwangerschaft der Ehefrau aus außerehelicher Beziehung und bei der Unterhaltung außerehelicher, geschlechtlicher Beziehung mit Familienangehörigen des scheidungswilligen Ehegatten. Ansonsten sind maßgebend allein die Umstände des Einzelfalls, die anhand eines objektiven Maßstabes bewertet werden. Es kommt also nicht auf das subjektive Empfinden des Betroffenen an, sondern darauf, ob ein Dritter bei Abwägung aller Umstände auf das Verhalten des anderen Ehegatten mit einem Scheidungsantrag reagieren würde. Zur Begründung einer Härtefallscheidung reichen allein die im Fall der Trennung typischerweise zu beobachtenden Zerwürfnisse, Auseinandersetzungen und Streitigkeiten nicht.

Bei allen Fragen zum Thema Scheidung steht Ihnen Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rolf Schwarz zur Verfügung.

Online-Scheidung

Im digitalen Zeitalter verlagern sich immer mehr Lebensvorgänge ins Internet. Der online-Trend macht auch vor Rechtsdienstleistungen keinen Halt. Neben einer Fülle von allgemeinen Rechtstipps – wie man sie auch auf unserer homepage und hier findet – geistert bereits seit einigen Jahren die sog. Online Scheidung durch das Netz – gerne beworben als schnelle und kostengünstige bzw. bei beschränkten Vermögensverhältnissen sogar vermeintlich kostenfreie Alternative zur klassischen Scheidung: Formular ausfüllen, Vollmacht unterschreiben und in 3 Monaten geschieden sein. Fertig! Für Ehepartner, die die Scheidung einvernehmlich wollen, keine gemeinsamen Kinder haben bzw.  keine Regelungen zum Unterhalt und Sorgerecht oder zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der Ehe benötigen, eine ideale Sache.

Wenn man die Werbebotschaften einmal weglässt und sich bewusstmacht, dass auch die online Scheidung nicht ohne den zwingenden Termin vor dem Familiengericht auskommt, wird man feststellen, dass sich die klassische Scheidung mit dem persönlichen Besuch bei einem Anwalt bei gleichgelagerter Ausgangslage (einvernehmliche Scheidung ohne Unterhalts- und Vermögensfragen) nicht anders darstellt. Stellen sich keine vermögensrechtlichen Fragen außerhalb des Versorgungsausgleichs wird auch hier nach Ablauf des sog. Trennungsjahres und Einholung der Auskünfte bei den Rentenversicherungsträgern die Scheidung nach ca. 3 Monaten in einem im Regelfall allenfalls 10minütigem Termin vor dem Scheidungsrichter knackig ausgesprochen. Dies zum gleichen Tarif wie die online-Scheidung: Denn die Gebühren des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren sind gesetzlich vorgegeben. Gebühren können hier weder überschritten, noch unterschritten werden. Für den für die Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Gebührenstreitwert gelten die gleichen Grundsätze. Auch beim klassischen Modell wird bei kostenarmen Mandanten ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt. Wird diese bewilligt, muss der Scheidungswillige zunächst weder Gerichtskosten, noch Rechtsanwaltsgebühren tragen, diese Kosten trägt zunächst die Staatskasse. Sollten sich die Vermögensverhältnisse in 4 Jahren verbessern, behält sich die Staatskasse allerdings vor, die „vorgestreckten Verfahrenskosten“ zurückzufordern. Der kostenfreie Mehrwert des Besuchs beim Anwalt im Vergleich zur online-Scheidung ist und bleibt im Vergleich zum reinen Internetkontakt die Beratung, die weitergehende Erläuterung des Scheidungsverfahrens und das Schaffen eines Problembewusstseins. Vielleicht sind tatsächlich noch nicht sämtliche sich im Zusammenhang mit der Scheidung stellenden Fragen bewusst (z.B. was passiert mit dem Krankenversicherungsschutz nach der Scheidung? Wie kann ich das gemeinsam abgeschlossene Mietverhältnis über die Ehewohnung aufgelöst werden? Was passiert mit gemeinsam aufgenommenen Krediten).

Auch wir wollen uns jedoch nicht dem Trend zur schnellen Kommunikation ohne vorhergehenden, vielleicht beruflich schwierig einzurichtenden, Besuch in der Kanzlei verschließen und Ehepartnern, die einvernehmlich, vielleicht gemeinsam am Esstisch zu Hause die Scheidung auf den Weg bringen wollen, die Möglichkeit hierzu nehmen. Daher bieten wir ab sofort ein online-Scheidungsformular auf unserer Internetseite, das außerhalb unserer Büro-Öffnungszeiten ausgedruckt, ausgefüllt und per Fax oder per E-Mail an uns übermittelt werden kann. Wir werden die Daten prüfen und uns mit einer Information zum weiteren Vorgehen bei Ihnen melden.

Für die ganz eiligen geht es hier zum link:

http://scheidung-bocholt.eu/online-scheidung-formular

Und für die klassische Variante stehen wir zu den Bürozeiten sowie nach Vereinbarung auch außerhalb ebenfalls jederzeit zur Verfügung. Wenden Sie sich an Herrn Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rolf Schwarz

 

 

Trennungsunterhalt

Kleine Einführung in das Unterhaltsrecht

Als erste Orientierung für den „Ernstfall“, werden wir in den nächsten Wochen einige Grundbegriffe des Unterhaltsrechts näher erläutern.

Aus der mit der Eheschließung begründeten Lebens- und Verantwortungsgemeinschaft folgen wechselseitige Unterhaltspflichten der Ehegatten. Diese unterteilen sich – abhängig vom Status der Ehe – in

den Familienunterhalt, den Trennungsunterhalt und den nachehelichen Unterhalt.

Die drei Unterhaltstatbestände unterscheiden sich hierbei nicht nur im Inhalt der Unterhaltspflicht, sondern vor allem in den Voraussetzungen sowie im Bezugsrahmen für die gegebenen Unterstützungspflichten.

Teil 1 – Familien- und Trennungsunterhalt

So wird Familienunterhalt von der Heirat bis zur Trennung der Ehegatten geschuldet. Er ist anders als der Trennungs- und nachehelichen Unterhalt nicht auf eine laufende Geldzahlung gerichtet und setzt anders als die übrigen Unterhaltstatbestände keine Bedürftigkeit, also Mittellosigkeit, des anderen Ehegatten voraus. Konzipiert ist der Anspruch vielmehr als gegenseitige umfassende Verpflichtung der Ehegatten durch ihre Arbeit oder ihr Vermögen alles das auf- und einzubringen, was beide Ehegatten nach ihren gemeinsamen Planungen zur Deckung der Haushaltskosten, des Lebensbedarfs ihrer gemeinsamen Kinder sowie der persönlichen Bedürfnisse benötigen.

Ab der Trennung der Ehegatten, die unter engen Voraussetzungen auch innerhalb der Ehewohnung erfolgen kann, bis zur rechtskräftigen Scheidung der Ehe schuldet der leistungsfähige Ehegatte dem auf Unterstützung angewiesenen, bedürftigem Ehegatten Trennungsunterhalt. Der Unterhaltsanspruch ist auf eine monatlich im Voraus zu leistende Geldzahlung gerichtet, bei deren Bemessung die bisherigen ehelichen Lebensverhältnisse zugrunde gelegt werden. Maßgebend ist also der Lebensstandard der Beteiligten aus der Zeit ihres Zusammenlebens. Dieser Lebensstandard soll möglichst auch in der Trennungszeit für beide Partner aufrechterhalten bleiben. Gerechtfertigt wird dies trotz der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft aus der Überlegung, dass das Ende der Ehe auch bei einer Trennung noch nicht abschließend feststeht, Versöhnungsmöglichkeiten bestehen bzw. nicht behindert werden sollen. Die mit der Ehe ursprünglich übernommene wechselseitige Verantwortung der Ehegatten wirkt in dieser Phase, anders als nach der Scheidung, noch stark fort. Dies gilt insb. im ersten Trennungsjahr: So ist, sofern keine lediglich kurze Ehe in Rede steht, z.B. der in der Ehe nicht vollerwerbsfähige Ehegatte hier regelmäßig nicht verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine bestehende Erwerbstätigkeit auszubauen, um sich damit selbst versorgen zu können. Nur in Sondersituationen trifft den Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit.

Die konkrete Höhe des Unterhaltsanspruchs wird grundsätzlich mit Hilfe des sog. Halbteilungsgrundsatz ermittelt: Da beide Ehegatten am ehelichen Standard in gleicher Weise teilnehmen, ist jedem bei der Aufteilung des Einkommens Hälfte des insgesamt vorhandenen, verteilungsfähigen Einkommens zuzubilligen. Dem erwerbstätigen Ehegatten wird allerdings in Bezug auf sein Erwerbseinkommen ein sog. Erwerbstätigenbonus von 1/7 gewährt. Ist also nur einer der Ehegatten berufstätig, wird zur Unterhaltsberechnung zunächst das um Verbindlichkeiten bereinigte Einkommen beider Ehegatten ermittelt und sodann gegenübergestellt. Aus dem Differenzbetrag erhält der weniger verdienende Ehegatte grundsätzlich einen Anteil von 3/7.

Die Aufteilung des von den Ehegatten erzielten Einkommens erfolgt allerdings nicht unbeschränkt. Auch bei der Pflicht zur Unterhaltszahlung gibt es eine „Opfergrenze“: Dem Unterhaltsschuldner muss in jedem Fall ein Betrag verbleiben, mit dem er seinen eigenen Lebensbedarf decken kann. Dieser sog. Selbstbehalt liegt bei einem Erwerbstätigen aktuell bei 1.200,00 €. Liegt das Einkommen unter diesem Betrag wird Unterhalt mangels Leistungsfähigkeit nicht geschuldet.

Auch beim Erreichen des Selbstbehaltes sind Unterhaltsansprüche dann ausgeschlossen bzw. beschränkt, wenn vorrangige Unterhaltsverpflichtungen bestehen. So geht der Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder dem Anspruch des Ehegatten auf Trennungsunterhalt vor.

Wer der Ehegatten als erster aus der Ehe ausschert, spielt für die Frage des Unterhaltsanspruchs dagegen grundsätzlich keine Rolle. Auch der Ehegatte, von dem die Trennung ausgeht, kann daher bei Bedürftigkeit Unterhaltsansprüche geltend machen.

Unterhaltszahlungen können nur für die Zukunft beansprucht werden. Zur Sicherung der eigenen Ansprüche ist es daher wichtig, ausdrücklich Unterhaltszahlungen gegenüber dem Ehegatten geltend zu machen. Um im Streitfall die Anforderung und deren Zeitpunkt belegen zu können, sollte Unterhaltszahlungen schriftlich geltend gemacht werden.

Trennungsunterhalt wird nur bis zur Rechtskraft der Scheidung geschuldet. Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt vorab durch einen gerichtlichen Beschluss titulieren lassen, so verliert dieser Unterhaltstitel mit der Rechtskraft der Scheidung seine Wirkung. Auf dieser Grundlage können weitere Zahlungen vom geschiedenen Ehegatten nicht geltend gemacht und durchgesetzt werden. Nach der Scheidung besteht unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf nachehelicher Unterhalt, der nach der Scheidung gesondert verfolgt werden muss.

Um das Bestehen von Unterhaltsansprüchen überhaupt prüfen zu können, haben die Ehegatten einen Anspruch auf Auskunft über die Einkommenssituation ihres Ehegatten und einen Beleganspruch. Wird die Auskunft nicht erteilt oder nicht vollständig erteilt, kann die Offenlegungspflicht auch gerichtlich durchgesetzt werden.

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt hat nach den gesetzlichen Bestimmungen einen besonderen Stellenwert: Anders als auf nachehelichen Unterhalt kann auf den Trennungsunterhalt bzw. auf die Geltendmachung von Familien- und Trennungsunterhalt genauso wenig wie auf die Geltendmachung von Familienunterhalt nicht wirksam verzichtet werden. Auch im Rahmen eines Ehevertrages ist ein solcher Verzicht nicht möglich. Ein gleichwohl von einem Ehegatten erklärter Verzicht hindert diesen daher nicht, dennoch Unterhalt zu beanspruchen.

Für Detailsfragen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Rolf Schwarz, Fachanwalt für Familienrecht zur Verfügung.

Ehegatten-Haftung

„In guten wie in schlechten Zeit“ … Manch einer verbindet damit auch in finanzieller Hinsicht die Begründung einer Haftungsgemeinschaft. Ehegatten haften allerdings nicht allein und nicht automatisch durch die Eheschließung für Verbindlichkeiten ihres Partners! Mit der Heirat werden die jeweils bestehenden Vermögensmassen gerade nicht „zusammengeschmissen“; ganz im Gegenteil: der gesetzliche Güterstand der sog. Zugewinngemeinschaft, der mit der Eheschließung gilt, wenn die Ehegatten keine andere Wahl treffen und notariell festschreiben lassen, trennt die Vermögensmassen der Ehegatten. Begründen die Ehegatten während der Ehe nicht bewusst gemeinsames Vermögen, z.B. durch den Erwerb einer Immobilie zum gemeinsamen Eigentum, entwickeln sich die Vermögen der Ehegatten nach der Heirat völlig unabhängig voneinander, ggfls. auch in unterschiedliche Richtungen. Aus den von einem Partner in eigenem Namen geschlossenen Geschäften wird der andere Ehegatte nicht berechtigt, aber auch nicht verpflichtet. Kann der Ehepartner den von ihm alleine geschlossenen Vertrag nicht erfüllen, ist das zunächst sein „ganz eigenes Problem“, sein Ehegatte muss weder sein Portemonnaie öffnen, um die Forderungen des Gläubigers zu befriedigen, noch die Zwangsvollstreckung durch den Gläubiger seines Partners befürchten. Etwas anderes gilt bei Geschäften, die die Eheleute gemeinsam abschließen, oder Geschäfte, für die der Ehegatte Bürgschaftserklärungen abgegeben hat. Hier übernehmen beide Ehepartner eigene Verbindlichkeiten. Fällt der Partner in diesen Konstellationen aus, so haftet der andere – nicht für seinen Ehegatten, sondern aus einem selbst abgeschlossenen Geschäft.


Das gemeinsame Wirtschaften in der Ehe wird erst am Ende einer Ehe, im Fall der Scheidung, verwirklicht. Hier wird bilanziert: die Entwicklung der Vermögensmassen der beiden Partner werden untersucht: für beide Ehegatten wird der Vermögensbestand am Anfang der Ehe und am Ende der Ehe – zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages – ermittelt und die während der Ehe erwirtschafteten Zugewinne gegenüber gestellt. Der Ehegatte, der den größeren Zugewinn erwirtschaftet hat, hat die Differenz zwischen den Zuwächsen auszugleichen. Einzelne Vermögenszugewinne in der Ehe sind hierbei privilegiert, an ihnen partizipiert der Ehegatte nur teilweise. Gemeinsam abgeschlossene Verträge sind regelmäßig aufzuheben und abzuwickeln.

Bei Fragen des Zugewinnausgleichs und der Vermögensauseinandersetzung anlässlich der Scheidung berät Sie Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rolf Schwarz.

Unterhalt

– das ändert sich zum 01.01.2017!

Das Jahr beginnt mit wesentlichen Änderungen im Unterhaltsrecht. Es ändert sich auf ein Neues die Bezugsgröße für die Berechnung von Unterhaltsansprüchen. Die Düsseldorfer Tabelle wird zum 01.01.2017 aktualisiert und wartet nun mit höheren Unterhaltsbeträgen für unterhaltsberechtigte Kinder auf. In der niederigsten Einkommensstufe steigt so der Unterhaltsbedarfsbetrag für Kinder bis zum 5. Lebensjahr um 7 Euro von 335 € auf 342 €, für Kinder vom 6. bis zum 11. Lebensjahr um 9 € von 384 € auf 393 €.
Bei Kindern vom 12. bis zum 17. Lebensjahr wird der Unterhaltsbedarfsbetrag um 10 € von 450 € auf 460 €, bei volljährigen Kindern um 11 € von 516 € auf 527 € angehoben.

Die Beträge für die höheren Einkommensgruppen steigen entsprechend an.

In diesem Zusammenhang machen wir vorsorglich noch einmal darauf aufmerksam, dass sich die Unterhaltshöhe nicht nur bei Anpassungen der Düsseldorfer Tabelle verändert, auch zwischenzeitliche Einkommenssteigerungen des Unterhaltspflichtigen können zu maßgebenden Veränderungen führen. Um solche Veränderungen „nachhalten“ zu können, gibt das Gesetz dem Unterhaltsberechtigten zumindest alle zwei Jahre einen (auch gerichtlich durchsetzbaren) Auskunftsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten! Auf entsprechende Aufforderung ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, seine Einkommens- und Vermögenssituation offenzulegen und durch geeignete Dokumente zu belegen. Auf Grundlage dieser Auskunft kann der Unterhaltsanspruch geprüft und sodann neu berechnet werden.

Bei Fragen rund um den Unterhalt, insb. bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen, bei der Überprüfung bestehender Unterhaltstitel, der Abänderung von Unterhaltstitel nach Veränderung der Grundlagen für die Unterhaltsberechnung zugunsten des Unterhaltsberechtigten/Unterhaltsverpflichteten steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Rolf Schwarz, Fachanwalt für Familienrecht zur Verfügung.

Familienrecht

Effektive Durchsetzung des Anspruchs auf Umgangskontakte oder der EGMR stärkt nochmals die Rechte von Beteiligten im familiengerichtlichen Verfahren!

Rechte zu haben, nützt nichts, wenn man diese nicht effektiv mit Hilfe staatliche Instanzen, durchsetzen kann. Nicht umsonst ist das Recht des effektiven Rechtsschutzes im Grundgesetz (Art. 19 Abs. 4 GG) verankert. Auch die Europäische Menschenrechtskonvention sichert die effektive Rechtsdurchsetzung, sie garantiert das Recht auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK) bei einer Verletzung der in der Konvention verbürgten Rechte. Zu diesen Rechten gehört nach Art. 8 EMRK auch die staatliche Achtung des Privat- und Familienlebens.

Wegen der Verletzung u. a. des Rechts auf Achtung des Familienlebens hat der EGMR in der zurückliegenden Woche (Entscheidung vom 15.01.2015, Rs. KUPPINGER v. GERMANY, Application no. 62198/11) einem deutschen Kläger Schadenersatz in Höhe von 15.000,00 € zugesprochen. Der Kläger hatte über fast 5 Jahre mit zahlreichen verfahrensbedingten Verzögerungen versucht, sein Recht auf Umgang mit seinem leiblichen Sohn durchzusetzen. Er und die Mutter des Kindes hatten sich kurz nach der Geburt, offensichtlich im Streit, getrennt, danach verweigerte die Kindesmutter dem Vater jeden Umgang mit dem ca. 1,5 Jahre alten gemeinsamen Sohn. Zur Durchsetzung von Umgangskontakten klagte der Vater im Frühjahr 2005. Es folgte – ganz grob zusammen gefasst – der Gang durch die Instanzen, der erst 6 Jahre später abgeschlossen werden konnte; über Monate blieben Stellungnahmen des Jugendamtes aus; Versuche, über das Jugendamt Umgangsregelungen zu vermitteln, verliefen ergebnislos bzw. brachten nur Teilerfolge; ein Sachverständiger wurde bestellt, der auch nach Monaten, auch durch die fehlende Mitwirkung der Beteiligten bedingt, kein Gutachten erstellen konnte; nachdem eine Umgangsregelung außergerichtlich zustande kam, verweigerte die Mutter deren Erfüllung. Anträge des Vaters auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurden nicht (zeitnah) beschieden; Anträge auf Verhängung von Zwangsgeldern führten erst nach Monaten zur Verhängung eines relativ geringen Strafgeldes. Im Ergebnis konnte der Vater sein Umgangsrecht in 5 Jahren nur einzelne Male überhaupt ausüben. Die tatsächliche Möglichkeit, seinen Sohn aufwachsen zu sehen, bestand damit nicht.

Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte habe das Verfahren vor deutschen Gerichten zu lange gedauert. Der Kläger habe keine effektive Möglichkeit gehabt, das Verfahren zur Wahrung seiner Rechte zu beschleunigen. Das deutsche Verfahrensrecht sei insoweit lückenhaft. Schnelle Verfahren und leicht durchsetzbare Rechtsansprüche seien gerade im Umgang mit Kindern besonders wichtig. Nur so bestände die Möglichkeit, die Entwicklung des Kindes mitzuerleben, und einer Entfremdung von Kind und Vater entgegenzuwirken. Der Gerichtshof vermisst die Möglichkeit, bei einer höheren inländischen Instanz eine sogenannte Untätigkeitsbeschwerde einzulegen, mit dem ein überlanges Verfahren gerügt werden kann.
Die letztlich gefundene Umgangsregelung habe das Gericht daneben nicht konsequent durchgesetzt und gesichert. Die Verhängung eines geringen Zwangsgeldes hätte der Mutter keinen ausreichenden Anreiz zur Einhaltung der Umgangsregelung geboten.

Durch die verfahrensrechtlichen Unzulänglichkeiten verletzte Deutschland nach den Feststellungen des Straßburger Gerichtshofes die Rechte des Klägers nach der EMRK und war daher zur Zahlung eines Schadenersatzes zu verurteilen.

Es bleibt abzuwarten, ob Deutschland den Rügen des EGMR Rechnung trägt und sein Verfahrensrecht überarbeitet. Deutsche Gerichte sind nach den Ausführungen des EGMR jedenfalls bereits jetzt aufgefordert, zukünftig besonderes Augenmerk auf die Sicherung des Rechts auf Umgang zu legen.

Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Umgangsrechte.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg