Zeugenaussage und Zeugenbeistand

Ich muss gar nichts, insb. muss ich nicht mit der Polizei reden!!“ … tja! Pustekuchen! ab jetzt muss auch der Zeuge ran!!!

In den zurückliegenden Tagen sind wesentliche Änderungen im Strafverfahrensrecht in Kraft getreten. Diese betreffen nicht nur den Beschuldigten, der einer Straftat verdächtigt wird und damit klassischerweise im Mittelpunkt der Ermittlungen steht, und seinen Verteidiger, sondern auch den „unbescholtene“ Zeugen.

Bislang wurden potentielle Zeugen einer Straftat – auch nach dem sie vor Ort bereits befragt wurden – im Rahmen der laufenden Ermittlungen von der Polizei nochmals angeschrieben und um Hereingabe einer schriftlichen Zeugenaussage gebeten oder zur Zeugenbefragung von der Polizei zum Gespräch gebeten. Weder der polizeilichen Aufforderung zur Abgabe einer schriftlichen Aussage, noch der Ladung auf das Revier, mussten Zeugen nach alter Rechtslage Folge leisten. Eine Verpflichtung zum Erscheinen oder Abgabe einer Erklärung gegenüber der Polizei bestand nicht. Erst bei einer Vorladung durch die Staatsanwaltschaft oder durch das Gericht wurde es ernst und Angaben zur Sache fällig.

Durch die Neuregelung (§ 163 Abs. 3 StPO) sind Zeugen nun auch im Ermittlungsverfahren auf entsprechende Ladung durch die Polizei verpflichtet, bei dieser zu erscheinen und eine Aussage zu tätigen (und sei es auch nur, um dort abzugeben, dass man tatsächlich keinerlei Angaben zur Sache machen kann). Leistet man dieser Pflicht keine Folge, drohen Ordnungsgelder und im Extremfall Ordnungshaft. Die gerade bei Verkehrsunfällen oder Schlägereien zu beobachtende Praxis, dass Zeugen auf Anschreiben der Polizei nicht reagieren und weder persönlich vorsprechen, noch eine Schilderung der in Rede stehenden Vorkommnisse zu Papier bringen und zurückreichen, dürfte damit bald Geschichte sein. Der ein oder andere Zeuge wird bis dahin vielleicht böse überrascht. Dass durch die Neuregelung die ohnehin wohl nicht all zu große Bereitschaft von Personen, sich als Zeuge von Straftaten und Verkehrsunfällen zu erkennen zu geben, gesteigert wird, darf bezweifelt werden. Schwierig dürften daneben Konstellationen werden, in denen die strafrechtlich relevante Einbindung von Zeugen in das Tatgeschehen noch gar nicht klar ist; der Zeuge daher – auch aufgrund seiner Aussage – selbst in den Blick der Polizei gerät.

Allerdings muss der als Zeuge Geladene nicht ohne Begleitung bei der Polizei erscheinen. Ebenso wie der Beschuldigte darf auch der Zeuge einen Rechtsbeistand hinzuziehen und zur Vernehmung mitbringen (§ 68b StPO, sog. Zeugenbeistand). Ist erkennbar, dass der Zeuge seine Befugnisse im Rahmen der Vernehmung nicht sachgerecht wahrnehmen kann, ist ihm ggfls. sogar ein Rechtsanwalt beizuordnen.

…Schöne neue Welt.

Bevor Sie Angaben bei der Polizei machen, die Sie im zweiten Schritten bereuen könnten, lassen Sie die Angelegenheit lieber durch einen Anwalt prüfen. Wir sind gerne behilflich.

Für Fragen im Strafrecht steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Rolf Schwarz als Ansprechpartner zur Verfügung.