Behandlungsfehler

– 50.000,00 € Schmerzensgeld für den Verlust des Unterarmes

…auch blaue Flecken sollte man nicht unterschätzen!

Das hat Oberlandesgericht Hamm als Berufungsinstanz nun in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 13.06.2017, Az. 26 U 59/16) einem Arzt ins Pflichtenbuch geschrieben und ihm wegen eines Diagnose- und damit Behandlungsfehlers zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000,00 € verurteilt. Nach den Angaben in der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm hatte sich der Kläger und Berufungskläger unfallbedingt Prellungen des rechten Unterarmes und der rechten Hand zugezogen. Nach entsprechenden Feststellungen wurden die Prellungen in der Form behandelt, dass der betroffene Arm mit Hilfe einer Gipsschiene zunächst ruhig gestellt wurde. Im Rahmen der Nachbehandlung stellte sich Kläger eine Woche später bei den verklagten Hausärzten vor: bei der Vorstellungen zeigte sich eine deutliche Schwellung des Unterarmes, zudem klagte der Kläger wohl über Bewegungseinschränkungen und erhebliche Schmerzen. Durch die Ärzte wurde hierauf lediglich die Gipsschiene erneuert und Schmerzmittel verordnet. Die Beschwerden ließen offensichtlich nicht nach, ganz im Gegenteil verschlimmerte sich der Zustand des Klägers. Einige Tage später war der Arm insgesamt dick angeschwollen und stark druckempfindlich. Nach entsprechenden Überweisungen wurde durch die Ärzte in einem aufgesuchten Klinikum schließlich ein sog. Kompartmentsyndrom festgestellt. Hierbei steigt der Druck im Gewebe, z.B. nach einem Hämatom, so stark an, dass dieses nicht mehr richtig durchblutet wird. Die Folgen des zunächst nicht erkannten Kompartmentsyndrom für den Kläger waren erheblich: der Arm musste im Zuge der weiteren Behandlung amputiert werden.

Nach den Wertungen des Berufungsgerichtes hätten die Hausärzte nach den beklagten Beschwerden (Schwellung, Bewegungseinschränkung, Schmerzen) eine Woche nach dem Unfall das Vorliegen eines Kompartmentsyndrom in Erwägung ziehen und ggfls. durch Hinzuziehung von Fachärzten abklären müssen. Das Unterlassen einer entsprechenden Befundung stelle aufgrund der schwerwiegenden Erkrankung und den drohenden massiven Folgen einen schweren Behandlungsfehler dar. Dieser Behandlungsfehler bzw. dessen lebenslangen, schwerwiegenden Folgen rechtfertigen nach Ansicht der Richter in der zweiten Instanz die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 50.000,00 €.

Auch Ärzte machen Fehler. Beschwerden können unterschiedliche Ursachen haben, nicht immer ist eine mögliche Diagnose die richtige Diagnose. Verbleiben Zweifel, bestehen Anzeichen auch für andere Erkrankungen mit ganz erheblichen Gefahren, muss der hinzugezogene Arzt diesen nachgehen und weitere Untersuchungen durchführen oder einleiten. Tut er dies nicht – wie im vorliegenden Fall – verletzt er Pflichten aus dem bestehenden Behandlungsvertrag und muss bei entsprechenden Gesundheitsschäden und Schäden Schmerzensgeld und Schadenersatz leisten.

Was der Arzt da mit einem anstellt oder nicht „anstellt“, wird man als Patient kaum richtig mitbekommen, insb. dann wenn man in Narkose auf einem OP-Tisch liegt. Jeder Patient hat jedoch Anspruch auf Einsicht in seine Behandlungsunterlagen. Nach entsprechender Anforderung können diese auch rechtlich geprüft und ausgewertet werden. Bei der fachlichen medizinischen Beurteilung, ob die Behandlung „lege artis“ ausgeführt wurde, helfen Krankenkassen und/oder das (für Patienten kostenfreie) Gutachterverfahren der Ärztekammer.

Wir beraten Sie bei dem Verdacht von Behandlungsfehlern.

Das Ausbildungsverhältnis!

Aller Anfang ist schwer oder die Tücken des Ausbildungsverhältnisses für Azubis und Ausbilder!

… keine Panik, noch hat das neue Ausbildungsjahr nicht begonnen; die Ferien können noch genossen werden, aber dann! mit dem Ausbildungsverhältnis beginnt nun der wirklich Ernst des Lebens und auf den sollte man vorbereitet sein!

Die wesentlichen Regelungen zum Ausbildungsverhältnis finden sich im Bundesbildungsgesetz (BBiG). Es hält allerlei Modifizierungen im Vergleich zum „ausgewachsenen Arbeitsrecht“ bereit, denn das Ausbildungsverhältnis ist besonders geschützt. Aufgrund der – auch heute noch gegebenen – besonderen Bedeutung einer abgeschlossenen Ausbildung für das weitere berufliche Leben, kann der Ausbilder das Ausbildungsverhältnis so nur unter engen Voraussetzungen lösen.

Nur im Rahmen der vereinbarten Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit, also ohne Einhaltung einer Frist, und ohne Angabe von Kündigungsgründen gekündigt werden. Dabei ist eine Probezeit in jedem Fall zu vereinbaren. Die zwingende Probezeit muss mindestens 1 Monat und darf max. 4 Monate betragen. Eine Verlängerung der Probezeit über die 4 Monatsgrenze kommt nur in absoluten Ausnahmesituationen in Betracht, z.B. wenn aufgrund einer längeren Erkrankung des Auszubildenden der Probezeitzweck verfehlt würde. Bei der Berechnung der höchstzulässigen Probezeit muss gfls. geprüft werden, ob Vorbeschäftigungszeiten vorliegen: Hat der Azubi bereits im Rahmen eines (Schul-)Praktikums mehrere Wochen im Betrieb in seinen späteren Ausbildungsberuf „hereingeschnüffelt“, scheidet die Vereinbarung einer 4monatigen Probezeit regelmäßig aus.

Nach Ablauf der Kündigungsfrist kann der Ausbilder das Ausbildungsverhältnis nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes fristlos kündigen. Der Auszubildende muss sich also einer schweren Verfehlung „schuldig gemacht“ haben, um den Bestand des Ausbildungsverhältnis zu gefährden. Auch die ausbleibende Reaktion auf Abmahnungen des Ausbilders (z.B. regelmäßiges Zuspätkommen, Nichtteilnahme am Berufsschulunterricht) und ein wiederholter Verstoß gegen Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis kann die fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Kündigung kommt dabei immer nur als absolut letztes Mittel in Betracht, wenn alles andere nicht mehr fruchtet. Hierbei müssen die Kündigungsgründe um so gewichtiger sein, je weiter das Ausbildungsverhältnis fortgeschritten ist. Kurz vor der Abschlussprüfung dürfte die fristlose Kündigung nahezu ausgeschlossen sein. Sollte dem Azubi tatsächlich einmal eine schriftliche Abmahnung erteilt werden, so kommt es auf die konkrete Formulierung an. Die Musterabmahnungen für das erwachsene Arbeitsverhältnis können nur bedingt eingesetzt werden. Bei Fehlern kann eine spätere Kündigung auch dadurch möglicherweise angegriffen werden.

Liegen Gründe für eine fristlose Kündigung vor, so erfordert die schriftlich auszusprechende Kündigung (anders als sonst im Arbeitsrecht) eine ausführliche Begründung! die Gründe, die die Kündigung tragen sollen, müssen vollständig ins Kündigungsschreiben aufgenommen werden. Werden die Kündigungsgründe nicht benannt, ist die Kündigung allein schon aus diesem Grund unwirksam und gerichtlich angreifbar.

Ist der Auszubildende minderjährig, wird die Kündigung nur wirksam, wenn sie seinen Erziehungsberechtigten zugeht.

Wir hoffen aber auf einen guten Start ins Ausbildungsjahr! Nutzen Sie, egal auf welcher Seite des Ausbildungsverhältnisses Sie stehen, die Probezeit – prüfen Sie, ob Ihr Vertragspartner zu Ihnen passt; ob das gemeinsame Arbeiten Spaß macht und Früchte trägt. Anlaufschwierigkeiten sollten angesprochen werden. Niemand ist geholfen, wenn man sich nach der Hälfte der Wegstrecke nichts mehr zu sagen hat oder die Lust vergangenen ist!

Sollten Fragen zu den rechtlichen Bedingungen des Ausbildungsverhältnisses bestehen, melden Sie sich. Wir beraten Sie gerne.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht

Abmahnung und Kündigungsschutz

Abmahnung oder die gelbe Karte im Arbeitsrecht!

In Betrieben, die mit regelmäßig mehr als 10 Beschäftigten der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes unterliegen, bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht nur des Vorliegens eines besonderen Kündigungsgrundes (der allerdings nicht im Kündigungsschreiben genannt werden muss). Die Kündigung darf auch nur dann ausgesprochen werden, wenn Möglichkeiten zur Lösung eines Konflikts zwischen den Arbeitsvertragsparteien nicht mehr bestehen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses darf nur als letztes Mittel „gezogen“ werden. Gibt der Arbeitnehmer durch sein Verhalten, also durch Verstöße bzw. die Nichterfüllung arbeitsvertraglicher Vorgaben und Absprachen, Anlass zu Beanstandungen, dann ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer vorher gegebene Chancen zur Verhaltensänderung nicht genutzt hat. Um es in Fußballkategorien zu erläutern: Erst wenn gelbe Karten keine Wirkung gezeigt haben, darf die rote Karte aus der Hosentasche gezogen werden. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „unter Bewährung“ schlichtweg unmöglich erscheint, darf sofort zur (fristlosen) Kündigung gegriffen werden, dies ist z.B. bei strafbaren Handlungen zu Lasten des Arbeitgebers oder der Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit durch den Arbeitnehmer.

Die gelbe Karte stellt die sog. Abmahnung dar. Entsprechend ihrer Funktion erfordert eine wirksame Abmahnung durch den Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer deutlich und ernsthaft ermahnt und er aufgefordert wird, ein bestimmtes, konkret bezeichnetes Verhalten aufzugeben. Für den Wiederholungsfall sind dem Arbeitnehmer die drohenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen vor Augen zu führen.

Es müssen also

– die konkrete Pflichtverletzung, mit Ort und Zeit genau beschrieben (Allgemeinplätze und allgemeine Unmutsbekundungen à la „ich habe Ihr Verhalten satt“ „ständig kommen Sie zu spät“ genügen diesen Anforderungen nicht!!!!), gegenüber dem Arbeitnehmer beanstandet,

– die eindringliche Aufforderung zu zukünftigem vertragstreuem Verhalten – am besten mit genauer Beschreibung, was man vom Arbeitnehmer eigentlich erwartet – ausgesprochen und

– eindeutig arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zum Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Wiederholungsfall angedroht werden.

Auf jeden Verstoß sollte ein Arbeitgeber wegen der damit bestehenden hohen formalen Anforderungen an die wirksame Abmahnung sicherheitshalber gesondert, mit einer eigenen Abmahnung reagieren.

Dabei muss die Abmahnung nicht schriftlich erteilt werden. Es reicht auch eine mündliche Abmahnung. Angesichts der bei einer nur mündlichen ausgesprochenen Abmahnung bestehenden Schwierigkeiten, diese nachzuweisen, insb. darzustellen, dass alle maßgebenden Komponenten für die Abmahnung enthalten waren, empfiehlt es sich jedoch die Abmahnung schriftlich zu erteilen. Dabei muss die Abmahnung nicht unmittelbar erteilt werden. Feste zeitliche Grenzen für den Ausspruch der Abmahnung gibt es nicht. Eine Beanstandung ernsthafter Pflichtverstöße wird man jedoch relativ zeitnah erwarten dürfen, schon weil andernfalls der Belehrungszweck nicht erreicht wird. Gibt es kein zeitnahes „so aber nicht“, dann suggeriert man im Zweifel, dass bestimmte Verhaltensweisen eben doch in Ordnung sind bzw. toleriert werden.

Wie viele Pflichtverstöße der Arbeitgeber bis zum Ausspruch der Kündigung hinnehmen muss bzw. wie viele Pflichtverstöße sich ein Arbeitnehmer leisten darf, lässt sich verbindlich nicht mitteilen. Eine Grundregel dahingehend, dass nach dem Ausspruch der dritten Abmahnung eine Kündigung berechtigt ausgesprochen werden kann, gibt es nicht! Vielmehr sind im Einzelfall die Art der Verstöße, deren Vergleichbarkeit und die zeitlichen Abstände in den Blick zu nehmen und abzuwägen.

Arbeitnehmer reagieren beim Erhalt einer Abmahnung zumeist „panisch“, entweder weil sie um die Bedeutung für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses wissen oder die erhobenen Vorwürfe für unberechtigt erachten. Vielfach besteht der Wunsch, die unberechtigt ausgesprochene Abmahnung aus der Welt zu schaffen, notfalls – was theoretisch möglich ist – auf dem Klageweg. Wir raten zumeist von einer vorzeitigen Eskalation des Arbeitsverhältnisses durch eine gerichtliche Auseinandersetzung ab. Sinnvoll erscheint eher, von seinem Recht auf Gegendarstellung (auch zur Sicherung der eigenen Erinnerung) Gebrauch zu machen. Den beanstandeten Sachverhalt aus seiner Sicht zu schildern und diese Darstellung zur Personalakte nehmen zu lassen. Einwände gegen die Abmahnung verwirkt man damit nicht. Soll eine spätere Kündigung durch die Abmahnung gerechtfertigt werden, dann wird im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens um die streitige Kündigung auch die Wirksamkeit der Abmahnung und deren Warnfunktion nochmals geprüft.

Bei Fragen rund um die Abmahnung stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

 

Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Update: Ungeachtet der in der Wohnung betreuten gemeinsamen Kindern – hat der Ex-Partner nach erfolgter Trennung Anspruch auf Kündigung des gemeinsam begründeten Mietverhältnisses!

Wie in der letzten Woche bereits angerissen (vgl. http://scheidung-bocholt.eu/trennung-mietvertrag), können von Partnern einer nichtehelichen Gemeinschaft zusammen abgeschlossene Mietverträge nur gemeinsam gekündigt werden. Beide Partner müssen die Kündigung des Mietverhältnisses daher zusammen erklären. Können sich die Partner auf eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht verständigen, hat der ausziehende Partner grundsätzlich Anspruch darauf, dass der Ex-Partner bei der Beendigung des gemeinsamen Mietverhältnisses mitwirkt und die notwendige Kündigung miterklärt oder einer von diesem ausgesprochenen Kündigung des Mietvertrages zustimmt. Der Anspruch des Ausziehenden wird auch nicht dadurch berührt, dass der zurückbleibende Ex-Partner vorhandene gemeinsame Kinder in der Wohnung betreut.

Dies hat im Oktober nochmals das LG Berlin (AZ. 63 S 86/16) in zweiter Instanz bestätigt. In dem zugrunde liegenden Fall, hatte sich die Ex-Freundin unter Hinweis auf die in der Wohnung ebenfalls lebenden gemeinsamen Kinder geweigert, der beabsichtigten Kündigung des zusammen abgeschlossenen Mietvertrages zuzustimmen. Ihrer Meinung nach müsse den Kindern ein Verbleib in der Wohnung möglich bleiben. Dieser Argumentation schloss sich das Gericht nicht an. Die von der ehemaligen Lebensgefährtin angesprochene elterliche Sorge gebiete gerade nicht allein die Unterbringung der Kinder in der bisherigen Wohnung des Paares. Anhaltspunkte für eine drohende Obdachlosigkeit der Kinder hätten sich nicht ergeben. Der Ex-Partner hätte nach erfolgter Trennung vielmehr ein berechtigtes Interesse an der baldigen Beendigung des Mietverhältnisses.

Trennung

…und dann war da noch der gemeinsame Mietvertrag

Der Auszug ist schon längst vollzogen, die Rückkehr nahezu ausgeschlossen und dann kommt die Frage auf, was mit der Miete für die ursprünglich gemeinsam angemieteten Räume passiert? Allein der Auszug aus der Wohnung lässt die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis nicht entfallen. Das böse Erwachen kommt dann nicht selten, wenn der Vermieter sich nach Monaten meldet und unter Hinweis auf die Zahlungsausfälle des ehemaligen Partners Zahlungen von dem Ausgezogenen begehrt. Da die gemeinsamen Vertragspartner sog. Gesamtschuldner sind, kann der Vermieter von jedem der Partner grundsätzlich nach seiner Wahl die komplette Miete verlangen: Jeder der Vertragspartner haftet auf die volle Verpflichtung. Nach erfolgter Trennung sollte daher auch das Mietverhältnis schnellstmöglich auseinanderdividiert werden.

Hierfür bestehen unterschiedliche Handlungsalternativen.

– Wollen die Partner die gemeinsame Wohnung nach der Trennung insgesamt aufgeben, so müssen sie das Mietverhältnis gemeinsam kündigen: es bedarf einer gemeinsamen, beiderseits unterschriebenen Kündigungserklärung gegenüber dem Vermieter.

– Sind sich die Partner darüber einig, dass und wer die ehemals gemeinsamen Räume weiter nutzen darf, können sie sich gemeinsam an den Vermieter mit der Bitte wenden, den Mietvertrag einvernehmlich umzugestalten und einen der Partner aus dem Mietvertrag für die Zukunft zu entlassen. Auf eine solche Umgestaltung des Mietvertrages muss sich der Vermieter allerdings nicht bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft einlassen, er ist nicht verpflichtet, einen Partner aus dem Mietverhältnis zu entlassen. Scheitert eine Vereinbarung zwischen den Partnern und dem Vermieter, bleibt nur der Weg über die gemeinsame Kündigung des Mietverhältnisses. Anders verhält es sich bei einer gescheiterten Ehe. Zumindest im Fall der Scheidung kann das ursprünglich bestehende Mietverhältnis durch eine einseitige Erklärung der ehemaligen Ehepartner gegenüber dem Vermieter in der Form umgestaltet werden, dass der Mietvertrag mit Rechtskraft der Scheidung nur noch mit einem der beiden Geschiedenen fortgesetzt wird. Mit Zugang der Erklärung wird das Mietverhältnis automatisch umgestaltet. Der Vermieter kann sich gegen die Umgestaltung des Mietverhältnisses nicht unmittelbar wehren. Die Entlassung eines Ehegatten aus dem Mietvertrag kann dieser allerdings zur Kündigung des Mietverhältnisses nutzen.

– Können sich die Partner nicht auf einen gemeinsamen Weg verständigen, muss differenziert werden, ob die Partner verheiratet sind oder eine gescheiterte nichteheliche Lebensgemeinschaft vorliegt. Bei einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat der Ausziehende einen – auch notfalls gerichtlich einklagbaren – Anspruch gegen seinen ehemaligen Lebenspartner auf Mitwirkung an der gemeinsamen Kündigung des Mietverhältnisses. Der ehemalige Partner schuldet die Unterschrift unter die notwendige gemeinsame Kündigungserklärung.

Autorecht

Gar nicht lustig … oder doch!? Schnäppchenjagd für Fortgeschrittene

Verträge eignen sich in den seltensten Fällen zu guten Scherzen, so ein Vertragsschluss ist schon eine ernste Angelegenheit. Man sollte daher auch nicht leichtfertig Vertragserklärungen abgeben – denn – daran sei noch einmal erinnert – Verträge binden: Ein allgemeines Widerrufsrecht, mit dem man sich von unliebsamen, wirtschaftlich vielleicht ungünstigen Verträgen, ohne jede Begründung kurzfristig ohne Folgen wieder lösen kann, gibt es nicht.

Allerdings ist nicht jede Vertragserklärung als bindende Vertragserklärung aufzufassen. Schwierige Geschichte? in der Tat. Neben Erklärungen, die aufgrund von Täuschung oder Druck unzulässig zustande kommen und damit anfechtbar sind, gibt es die sog. Scherzerklärung. Dazu eine Mitte Mai ergangene Entscheidung des OLG Frankfurt, die abermals einen Pkw-Kauf über ein Internetportal zum Gegenstand hat: Der Beklagte bot im Internet einen Pkw zum Verkauf an. Im Inserat wurde der Wert des Pkw – wohl zutreffend – mit einem Betrag im unteren 5stelligen Betrag angegeben, Die möglichen Interessenten wurden aufgefordert, angemessene Kauf- oder Tauschangebot zu unterbreiten. Personen, denen der Preis zu hoch erscheinen sollt, wurden aufgefordert, sich einer Kontaktaufnahme zu enthalten. Der spätere Kläger unterbreitete dem Beklagten wohl mehrere Angebote, u.a. ein Tauschangebot, die der Beklagte allesamt ablehnte. Die Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien schienen wohl insgesamt etwas aufreibend. Der Beklagte teilte dem Kläger letztlich mit, dass der Kläger den Wagen für 15,00 € haben könne. Dies ließ sich Kläger nicht zweimal sagen; der Kläger teilte dem Beklagten jedenfalls mit, dass er den Wagen für die angebotenen 15,00 € nehmen würde. Nachdem der Beklagte hierauf zunächst anbot, den Wagen nach Ausgleich des Zahlbetrages beim Kläger anzuliefern, meldete sich der Beklagte allerdings nicht mehr. Aufforderungen zur Herausgabe des Pkws ignorierte der Beklagte. Zur Durchsetzung seiner Ansprüche nahm der enttäuschte Kläger den Beklagten zunächst außergerichtlich und dann gerichtlich in Anspruch. In allen Instanzen blieb die Klage auf Herausgabe des Fahrzeugs erfolglos. Das OLG ging, wie die Vorinstanzen, davon aus, dass der Kläger nach den Umständen des Falles gerade nicht ein ernst gemeintes Verkaufsangebot erkennen konnte. Die Erklärung zum Verkauf sei erkennbar lediglich eine nicht bindende Scherzerklärung. Das Kaufangebot für 15,00 € war erkennbar nicht ernst gemeint. Ein Vertrag sei demnach nicht zustande gekommen; der Beklagte sei nicht verpflichtet, seinen Pkw zu übergeben.

Manchmal lohnt sich daher auch das Lesen des Sub-Textes! und für 15,00 € wandern werthaltige Pkw eben regelmäßig nicht über den Tisch.

Anders wäre der Fall wohl zu entscheiden gewesen, wenn der Beklagte den Pkw ohne Angabe eines Mindestangebots bei eBay zur Auktion gegeben hätte. Hier zeigt der Verkäufer durch das fehlende Mindestangebot, dass er gerade kein Limit nach unten kennt! bei einem günstigen Zuschlag (3-2-1 meins …) wird er daher Kaufvertrag bedienen müssen.

Rechtsanwältin Dr. Benzenberg, Fachanwältin für Arbeits- und Verkehrsrecht – Bocholt

Direktionsrecht des Arbeitgebers

Der Chef macht die Ansagen!

oder auch nicht – das Direktionsrecht des Arbeitgebers und seine Grenzen….

Charakteristisch für jedes Arbeitsverhältnis ist die Weisungsabhängigkeit des Arbeitnehmers. Gerade hierdurch grenzt sich das Arbeitsverhältnis von anderen Dienstverhältnissen ab, gerade hierdurch erscheint das Arbeitsverhältnis und der Arbeitnehmer besonders schutzbedürftig: Wer es selbst in der Hand hat, seine Tätigkeiten zu gestalten, es zu entscheiden, ob, wann und wo er tätig wird, ist im Regelfall kein Arbeitnehmer.

Der Umfang und die Ausgestaltung der vom Arbeitnehmer übernommenen Arbeitsverpflichtung ergibt sich im tarifungebundenen Bereich in erster Linie aus dem geschlossenen Arbeitsvertrag. Dieser bestimmt neben den geschuldeten Arbeitsstunden normalerweise zumindest rahmenmäßig, mit der Angabe z.B. des Ausbildungsberufes bzw. der Berufsbezeichnung, die geschuldete Tätigkeit und enthält Angaben zum Arbeitsort. Daneben sind immer auch gesetzlich geltende Bestimmungen und/oder Beschränkungen, wie z.B. die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes, des Jugendschutzes oder der Unfallverhütungsbestimmungen, mitzudenken. Auch sie bilden den Rahmen für die Arbeitsverpflichtung des Arbeitnehmers und gestalten diese aus.

Kein Arbeitsvertrag vermag den Arbeitsalltag und jede Arbeitssituation jedoch im Detail abzubilden.  Gem. § 106 GewO kann der Arbeitgeber daher – da wo detaillierte vertraglich Regelungen und gesetzliche Vorgaben ihn nicht binden – Inhalt, Ort und Zeit der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung näher bestimmen (sog. Direktionsrecht). So kann er, wenn sich der Arbeitsvertrag hierzu nicht bereits äußert (!), z.B. Vorgaben zum Arbeitsbeginn und Arbeitsende machen, den Dienst- und Einsatzort vorgeben, Pausenzeiten ausweisen, die Reihenfolge geschuldeter Arbeiten sowie deren konkrete Ausführung anweisen und auch Einfluss auf die beim Dienst zu tragende Kleidung nehmen. Die Anweisung des Arbeitgebers darf allerdings nicht willkürlich erfolgen. Bei der Ausübung des Direktionsrechtes sind auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen und berechtigten betrieblichen Interessen gegenüberzustellen; das Gesetz spricht in diesem Zusammenhang etwas verwegen davon, dass die Anweisung billigen Ermessens entsprechen muss. So hat die Rechtsprechung z.B. das Verbot an einen Mitarbeiter ohne Kundenkontakt, im Sommer mit kurzer Hose im Betrieb zu erscheinen, für unbillig gehalten; auch die Versetzung von Mitarbeitern an andere, entferntere Standorte des Unternehmens kann mit Blick auf die familiäre Situation des Mitarbeiters unbillig erscheinen.

Anweisungen des Arbeitgebers als Ausfluss des Direktionsrechtes ist grundsätzlich Folge zu leisten. Verweigert der Arbeitnehmer die Ausführung droht die Abmahnung und im Wiederholungsfall bzw. im Extremfall die Kündigung.

Ausnahmen bilden lediglich gesetzwidrige Anweisungen, z.B. die Anweisung verkehrsunsichere Fahrzeuge zu benutzen oder trotz nicht vorhandener Fahrerlaubnis Fahrzeuge im Straßenverkehr zu benutzen. Auch die Aufforderung zur Überschreitung von Lenkzeiten gehört hierher. Solche Weisungen sind rechtswidrig und damit nichtig. Sie sind für den Arbeitnehmer nicht bindend. Weigert sich der Arbeitnehmer solchen Anweisungen zu folgen, so dürfen hieraus keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen werden.

Kritisch sind die Fälle, in denen die Weisung des Arbeitgebers nicht rechtswidrig sind, sich jedoch als unbillige Anweisung darstellen, weil sie die Interessen des Arbeitnehmers nicht hinreichend berücksichtigen, oder in Widerspruch zu arbeitsvertraglichen Vereinbarungen stehen. Diesen Weisungen ist nach bisheriger Rechtsprechung Folge zu leisten bis ein Gericht die Feststellung der Unverbindlichkeit für den Arbeitnehmer trifft. Arbeitnehmer dürfen sich mithin nicht eigenmächtig über die Weisung des Arbeitgebers hinwegsetzen. Tun sie dies doch, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen.

Eine aktuelle Pressmeldung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG – 14.06.2017) deutet jedoch an, dass diese Auffassung nochmals genauer in den Blick genommen wird. Möglicherweise gibt es in nächster Zukunft einen Richtungswechsel. Wir werden die Entwicklung beobachten und weiter berichten.

Sollten Sie Bedenken nach erteilten Weisungen Ihres Arbeitgebers haben, handeln Sie nicht vorschnell. Lassen Sie das Risiko, sich Weisungen des Arbeitgebers zu widersetzen, lieber einmal überprüfen.

Dr. Elke Benzenberg – Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht, Bocholt

 

 

Unterhaltsberechnung?!

Die Höhe von Ansprüche auf Unterhalt lässt man am Besten vom Fachmann erstellen bzw. überprüfen: gesetzliche Bestimmungen bedürfen der Auslegung und Anwendung auf den konkreten Einzelfall. Auch wenn Frauenzeitschriften und Ratgeber für den Scheidungsfall die wesentlichen Stichworte aufgreifen und erläutern, dürfte dem juristischen Laien die rechtssichere Anwendung auf seinen Fall – möglicherweise auch aufgrund einer besonderen emotionalen Einbindung – kaum möglich sein. Es kommt regelmäßig auf die Details an, die ohne Problembewusstsein, gar nicht in den Blick geraten. Zudem sollte man sich klar machen, dass die Rechtsprechung trotz einheitlich geltender gesetzlicher Bestimmungen nicht ohne Weiteres einheitlich ist. Normen werden von Gerichten durchaus unterschiedlich verstanden und angewandt.

In diesem Zusammenhang sind für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm vom Oberlandesgericht (unverbindliche) Leitlinien zur Behandlung unterhaltsrechtlicher Fragestellungen und unterhaltsrechtlicher Fragen erstellt worden, die eine einheitliche Rechtsprechung gewährleisten sollen. Die Leitlinien betreffen nicht nur Fragen des Ehegatten- und Kindesunterhalt, sondern auch des Elternunterhalt. Sie werden jährlich aktualisiert und auf der Homepage des Oberlandesgerichts veröffentlicht. Wer sich vor juristischen Vokabular und einer gewissen Abstraktheit nicht abschrecken lässt, dem sei ein Blick in die Leitlinien durchaus empfohlen. So lässt sich den Leitlinien (auch für den juristischen Laien verständlich) u.a. entnehmen, welche Einkommensarten neben dem regulären Arbeitseinkommen für die Bemessung des Unterhalts maßgeblich sind, welche Aufwendungen (z.B. für die Fahrten zur Arbeitsstelle) in Abzug zu bringen sind, in welchem Umfang Schulden absetzbar sind und welche Beträge dem Unterhaltsschuldner in jedem Fall verbleiben müssen.

Für den schnelleren Zugriff haben wir die Unterhaltsrichtlinien auf unserer Homepage unter dem Stichpunkt „Service“ verlinkt! Dort finden Sie auch die im Scheidungsverfahren benötigten amtlichen Formulare zum Versorgungsausgleich.

http://scheidung-bocholt.eu/service-formulare-link

Wohnungszuweisung in der Trennung

Beabsichtigen Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft aufzuheben, geht das regelmäßig, aber nicht notwendigerweise, auch mit einer räumlichen Trennung einher. Nicht immer können sich die Ehegatten hierbei darüber einvernehmlich verständigen, wer in den bislang gemeinsam genutzten Räumlichkeiten verbleibt und wer anderweitig Quartier nimmt. Findet die Eheleute keine Verständigung, dann gibt § 1361b BGB die Möglichkeit, einem Ehegatten auf seinen Antrag die Ehewohnung durch gerichtlichen Beschluss ganz oder teilweise zur weiteren Nutzung zuweisen zu lassen (Wohnungszuweisung).

Begründet ist das Verlangen eines Ehegatten, ihm die Ehewohnung zuzuweisen, wenn der Auszug des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine „unbillige Härte“ – auch in Bezug auf die im Haushalt lebenden Kinder – zu vermeiden.

Härtefälle werden insb. durch Tätlichkeiten und Gewalttätigkeiten gegenüber dem die Wohnungszuweisung beantragenden Ehegatten und Familienmitgliedern begründet. Hat ein Ehegatte so seinen Partner vorsätzlich verletzt oder eine solche Verletzung angedroht, so ist dem verletzten/bedrohtem Partner auf seinen Antrag die Wohnung regelmäßig alleine zuzuweisen. Über diese handgreiflichen Formen von Gewalt, reicht für die Wohnungszuweisung jedoch auch jede andere Gewaltform. Auch indirekte Aggressionen begründet durch unbeherrschtes, unberechenbares Verhalten, durch das Randalieren in der Wohnung, durch Sachbeschädigungen oder schwere Beleidigungen können den Antrag auf Wohnungszuweisung begründen. Der antragstellenden Ehegatten muss sich durch die Situation insgesamt so belastet fühlen, dass ihm auch unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabs die Fortsetzung der häuslichen Gemeinschaft nicht mehr zuzumuten ist; typischerweise zu beobachtende Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Trennung reichen alleine nicht aus, den Wohnungszuweisungsantrag zu rechtfertigen. In zwei aktuellen Entscheidungen hat das OLG Oldenburg (Az. 4 UFH 1/17, Beschluss vom 31.01.2017, und Az. 4 UF 12/17, Beschluss vom 29.03.2017) die Wohnungszuweisung an eine Ehefrau bestätigt, deren Ehemann sie in einer Nachricht auf dem Anrufbeantworter massiv bedroht hatte. Zudem hatte der Ehemann die Terrassentüre aufgebrochen und sich damit widerrechtlich Zutritt zur Wohnung verschafft.

Leben im Haushalt Kinder, so kann der Wohnungszuweisungsantrag auch dadurch begründet werden, dass diese in besonderem Maße durch die mit der Trennung einhergehenden Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten leiden. Zu prüfen ist insoweit, ob es im häuslichen Bereich noch ein erträgliches Miteinander möglich ist oder die Kinder im einem nur noch durch Streitigkeiten und Spannungen dominiertem Umfeld leben. Im letzten Fall wird die Wohnung im Regelfall den die Kinder betreuenden Ehegatten zugewiesen.

Wem die gemeinsam genutzten Räume gehören, wer also Eigentümer der Wohnung ist, oder von wem der Mietvertrag über die Räumlichkeiten geschlossen wurde, spielt bei einem Antrag auf Wohnungszuweisung keine allein entscheidende Rolle. Die Eigentumsverhältnisse bzw. die dingliche Berechtigung an der Ehewohnung sind lediglich im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Auch der Eigentümer einer Wohnung kann also aus dieser durch die gerichtliche Entscheidung im Ernstfall „gesetzt werden“.

Für alle Fragen rund um das Thema Scheidung steht Ihnen Herr Rolf Schwarz, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, zur Verfügung.

 

Trennungsjahr – zu den Scheidungsvoraussetzungen

Wer Scheidung sagt, hat mehr oder weniger bewusst auch das Stichwort „Trennungsjahr“ im Kopf. Im Kern richtig, nennt das Gesetz das Trennungsjahr jedoch nicht als unmittelbare Scheidungsvoraussetzung.

  • Voraussetzung für die Scheidung – das Scheitern der Ehe

Maßgebender Anknüpfungspunkt für den Ausspruch der Scheidung ist vielmehr allein das Scheitern der Ehe, die unumkehrbare Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Was die eheliche Lebensgemeinschaft hierbei im Einzelnen ausmacht, bestimmen alleine die Ehepartner durch ihre gemeinsam gefasste Lebensplanung. Ein festes Ehe-Leitbild gibt es insoweit nicht, auch ein Zusammenleben der Ehepartner ist nicht zwingend vorgegeben. Bei allen, auch außergewöhnlichen Entwürfen für das Zusammenleben, liegt den Ehen jedoch eine wechselseitige innere Bindung der Ehegatten aneinander, ein Füreinander-Einstehen-Wollen zu Grunde. Legt man dies zugrunde, dann kommt die Scheidung der Ehe also immer dann in Betracht, wenn sich mindestens einer der Ehepartner unumkehrbar vom gemeinsamen Eheplan löst und sich vom Partner innerlich abwendet. 

  • Die Bedeutung des Trennungsjahres

Für Dritte wie Gerichte sind innere Vorgänge allerdings nur schwer feststellbar, deswegen stellt das Gesetz für die Feststellung des Scheiterns der Ehe auf die nach außen leichter feststellbare Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, das Getrenntleben der Ehegatten ab. Leben die Ehegatten ein Jahr getrennt und beantragen sie beide die Scheidung der Ehe oder stimmt der Ehegatte dem vom anderen Ehegatten gestellten Scheidungsantrag zu, dann vermutet das Gesetz unwiderlegbar das Scheitern der Ehe und damit das Vorliegen der Voraussetzungen zum Ausspruch der Scheidung. Das Trennungsjahr rückt damit tatsächlich in den Mittelpunkt des Scheidungsverfahrens.

  • Anforderungen an die Trennung = Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft

Das Trennungsjahr beginnt mit der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft, also dem Auszug eines Ehegatten aus der Ehewohnung und der Begründung zweier getrennter Haushalte. Da es nicht schlicht um einen Umzug geht, muss der Auszug und die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft als Aufhebung auch gerade der ehelichen Lebensgemeinschaft gewollt sein. Die Ehegatten müssen mit der Trennung fortan selbständig wirtschaften. Werden trotz der getrennten Wohnungen Aufgaben wie das Waschen, Einkaufen oder Kochen, auch nur abwechselnd, gemeinsam erledigt, spricht das gegen das Vorliegen der erforderlichen Trennung. Kontakte außerhalb der Wohnung sowie Kontakte zur Betreuung der gemeinsamen Kinder sind dagegen unschädlich. Auch kurzzeitige Versöhnungsversuche (bis max. 3 Monate) hindern den Ablauf des Trennungsjahres nicht.

  •  Trennung innerhalb der Wohnung

Nicht immer bestehen die Möglichkeiten, eine zweite Wohnung anzumieten. Auch innerhalb der Ehewohnung ist jedoch ein Getrenntleben möglich. Auch bei einem Verbleib beider Ehegatten in der Ehewohnung muss die bisherige Haushaltsgemeinschaft aufgelöst und getrennte Haushalte geschaffen werden. Es muss eine weitestgehende Trennung herbeigeführt werden. Die privaten Bereiche der Eheleute insb. zum Schlafen und Wohnen müssen strikt getrennt werden. Nur einmal vorhandene Funktionsräume wie Küche, Diele, Bad, Toilette oder auch eine Waschmaschine dürfen zwar gemeinsam genutzt werden. Einkaufen aus einer gemeinsamen Kasse, das wechselseitige Kochen, das gemeinsame Einnehmen von Mahlzeiten, das Waschen der Wäsche für den anderen Ehegatten und vergleichbare Versorgungsleistungen müssen jedoch unterbleiben. Dass das bisherige Eheleben lediglich im Interesse der Kinder „zum Schein“ aufrechterhalten wird, steht der Annahme einer rechtlich relevanten Trennung entgegen.

  • Verzicht auf das Trennungsjahr – die Härtefallscheidung

Nur in absoluten Ausnahmesituationen kommt eine Scheidung auch ohne Einhaltung des Trennungsjahres in Betracht (sog. Härtefallscheidung). Es müssen dann schwerwiegende Gründe in der Person des anderen Ehegatten vorliegen, die es dem scheidungswilligen Ehegatten schlichtweg unzumutbar machen, an der Ehe als solches länger festgehalten zu werden. Das Verheiratet-Sein als solches muss unzumutbar sein. Die Voraussetzungen für eine Härtefallscheidung wurden bislang z.B. bejaht bei wiederholten schwerwiegenden körperlichen und seelischen Misshandlungen durch den Ehegatten, bei Verdacht schwerwiegender Straftaten durch den Ehegatten, bei Schwangerschaft der Ehefrau aus außerehelicher Beziehung und bei der Unterhaltung außerehelicher, geschlechtlicher Beziehung mit Familienangehörigen des scheidungswilligen Ehegatten. Ansonsten sind maßgebend allein die Umstände des Einzelfalls, die anhand eines objektiven Maßstabes bewertet werden. Es kommt also nicht auf das subjektive Empfinden des Betroffenen an, sondern darauf, ob ein Dritter bei Abwägung aller Umstände auf das Verhalten des anderen Ehegatten mit einem Scheidungsantrag reagieren würde. Zur Begründung einer Härtefallscheidung reichen allein die im Fall der Trennung typischerweise zu beobachtenden Zerwürfnisse, Auseinandersetzungen und Streitigkeiten nicht.

Bei allen Fragen zum Thema Scheidung steht Ihnen Herr Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rolf Schwarz zur Verfügung.